Die Maschinenbauer haben schlechte Laune
Der deutsche Wirtschaftsmotor verliert an Fahrt, und Bankanalysten warnen schon vor einer Rezession
Europas größte Volkswirtschaft wuchs neun Jahre in Folge – zuletzt aber kaum noch. Die historisch überaus lange Konjunkturwelle könnte nun endgültig auslaufen.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dürfte sich von den jüngsten, überraschend schlechten Konjunkturdaten bestätigt fühlen. Er hatte am Dienstag seine »Nationale Industriestrategie 2030« vorgestellt, mit der die Bundesregierung den Wirtschaftsstandort wieder stärken will. Am Mittwoch legten die Maschinenbauer eine ernüchternde Bilanz vor. Der Industriezweig gilt unter Ökonomen als Turboantrieb und Konjunkturbarometer der Volkswirtschaft.
Zwar freuten sich die Firmen vergangenes Jahr um für sie erfreuliche reale fünf Prozent mehr Aufträge im Vergleich zum Vorjahr. Aber der Trend zeigt drastisch nach unten: Im Dezember fiel der Auftragseingang im deutschen Maschinenbau hinter das Vorjahresniveau um acht Prozent zurück, ein fast schon histo- risch zu nennender Einbruch. »Besonders enttäuschend war dabei der Rückgang im Inland um zehn Prozent«, sagte Olaf Wortmann, Konjunkturexperte des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) am Mittwoch in Frankfurt am Main. Mit 1,35 Millionen Erwerbstätigen im Inland und einem Umsatz von über 200 Milliarden Euro ist die Branche größter industrieller Arbeitgeber und einer der führenden deutschen Industriezweige.
Die Flaute bei den Auftragseingängen ist ein Zeichen für die Zurückhaltung der deutschen Unternehmen bei Investitionen. Dies ist auch eine Folge der überragenden Rolle des Exportgeschäftes: In keinem anderen führenden Industriestaat ist der Außenhandelsanteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) auch nur annähernd so groß wie in Deutschland. Jeder vierte Arbeitsplatz hängt hierzulande von der Nachfrage aus dem Ausland, vor allem von den EU-Partnern und aus China ab. Im Maschinen- und Anlagenbau ist die internationale Abhängigkeit sogar noch stärker ausgeprägt.
Politische Unsicherheiten wie Trumps Protektionismus, der internationale Konflikt mit Chinas Telefonnetzmulti Huawei, die Rückkehr des Kalten Krieges um Russland und der bevorstehende Brexit Großbritanniens hinterlassen offenbar immer kräftigeren Bremsspuren in der Konjunktur.
So meldete ebenfalls am Mittwoch das Statistische Bundesamt desillusionierende Zahlen für das gesamte Verarbeitende Gewerbe, von dem der Maschinenbau ein wichtiger Teil ist: Im Dezember vergangenen Jahres gingen dort die Aufträge gegenüber dem Vorjahresmonat preis- und kalenderbereinigt um insgesamt sieben Prozent zurück.
Der Rückgang bei den Bestellungen in wichtigen Wirtschaftszweigen spricht dafür, dass »sich die Durststrecke in der Industrie zunächst fortsetzt«, kommentiert Altmaiers Sprecher – schon leicht resigniert? »Auch die jüngsten Stimmungsindikatoren deuten auf eine gedämpfte Industriekonjunktur zu Jahresbeginn hin«, hadert das Bundeswirtschaftsministerium.
Der »grassierende Pessimismus« ist mittlerweile auf den Mittelstand übergesprungen, meldet die staatliche Förderbank KfW in ihrem aktuellen »Mittelstandsbarometer«. Die schlechten Nachrichten setzten sich danach zu Beginn des Jahres fort: Das Geschäftsklima der kleinen und mittleren Unternehmen gab im Januar »überdurchschnittlich« deutlich nach. Als Grund für den Stimmungsumschwung nennen die Experten der KfW ebenfalls die zahlreichen globalen Risiken.
Der Maschinenbauerverband VDMA hatte schon vorher gewarnt: »Altmaier unterschätzt die Bedeutung des industriellen Mittelstands.« Der Fokus seiner »Nationalen Industriestrategie« sei stattdessen »einseitig auf Konzerne gerichtet«, kritisierte Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. Der industrielle Mittelstand sei schließlich weit mehr als nur Zulieferer der Großkonzerne. Er sei Treiber von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz. Erst seine »Flexibilität und Innovationskraft« machten es möglich, dass Deutschlands Wirtschaft in einer sich rapide verändernden Welt ein ernstzunehmender Wettbewerber bleibe.
Die Analysten der Deutschen Bank stellt schon mal die »R-Frage«. Zwar fehlten für das vierte Quartal 2018 noch belastbare Daten. Aber schon da sei die deutsche Wirtschaft wohl nur knapp an einer Rezession, einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung, vorbeigeschrammt. Allerdings zeige die Entwicklung einer Reihe wichtiger Indikatoren nun, dass sich die deutsche Wirtschaft zumindest aktuell auf eine Rezession hinabbewegt.
Die Flaute bei den Auftragseingängen ist ein Zeichen für die Zurückhaltung der deutschen Unternehmen bei Investitionen. Dies ist auch eine Folge der überragenden Rolle des Exportgeschäftes.