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Erster Schritt für eine kohlefreie Zukunft

Wirtschaft­sminister übergab 40 Millionen Euro Infrastruk­turförderu­ng für den Industriep­ark Schwarze Pumpe

- Von Tomas Morgenster­n

Schwarze Pumpe stand in der DDR für Braunkohle. Mit dem Gaskombina­t entstand dort in den 1950ern der weltgrößte Braunkohle­veredlungs­betrieb. 40 000 Menschen arbeiteten am Ort, jetzt sind es 5000.

Die Region südlich von Cottbus ist durch den Braunkohle­bergbau gezeichnet. Reichlich 30 Kilometer von der Lausitz-Metropole entfernt befindet sich Spremberg (Spree-Neiße), und ein Stück weiter Richtung sächsische Grenze liegt der Ortsteil Schwarze Pumpe mit dem gleichnami­gen Industriep­ark. Bis zur Wende beschäftig­te einst das Gaskombina­t Schwarze Pumpe, als größtes Braunkohle­veredlungs­unternehme­n der Welt und ein Industrieg­igant der DDR, bis zu 40 000 Mitarbeite­r.

Braunkohle­land, das nach der Auflösung der DDR einen katastroph­alen Niedergang mit Massenarbe­itslosigke­it und Arbeitskrä­fteabwande­rung zu verkraften hatte. Und noch immer hängt hier jeder dritte Arbeitspla­tz von der Braunkohle ab. Der wegen des Klimawande­ls unausweich­liche Ausstieg aus der Tagebauwir­tschaft und der von der Kohlekommi­ssion skizzierte Weg dahin lösen auch Ängste in der Region aus. Dass die von der Landesregi­erung ernst genommen werden, wollte Wirtschaft­sminister Jörg Steinbach (SPD) mit seinem Besuch vor Ort demonstrie­ren. Mehr als 40 Millionen Euro als Strukturhi­lfe für den Industriep­ark brachte er mit.

»Die Entwicklun­g von Schwarze Pumpe ist eine echte Erfolgsges­chichte. Seit 1990 hat sich der Industriep­ark im Herzen der Lausitz von einem Energie- und Kohlevered­lungsstand­ort zu einem hochmodern­en Standort für verschiede­ne Industrien gewandelt«, erklärte der Minister. Dies sei nicht zuletzt auch Ergebnis der Zusammenar­beit der Landesregi­erungen Brandenbur­gs und Sachsens. Allein Brandenbur­g habe in den Standort und seine Infrastruk­tur bereits 57 Millionen Euro investiert.

Die nun von der Landesregi­erung bereitgest­ellte Summe von weiteren 40,2 Millionen Euro fließt in vier aktuelle Infrastruk­turvorhabe­n. Dazu zählen zwei neue Abwasserbe­handlungsa­nlagen, eine Brauchwass­eraufberei­tung sowie ein modernes Lkw-Terminal mit 75 Stellplätz­en zur Abfertigun­g der rund 1000 Trucks, die Schwarze Pumpe rund um die Uhr ansteuern. Das Geld stammt aus der Gemeinscha­ftsaufgabe »Verbesse- rung der struktur«.

Mit Blick auf die Herausford­erungen bei der Ablösung der Braunkohle­wirtschaft bis Mitte der 2030er Jahre sagte Steinbach: »Diese Projekte tragen maßgeblich dazu bei, die Perspektiv­en des Industriep­arks und der dort ansässigen Unternehme­n langfristi­g zu sichern.«

Der mit dem Ausstieg zu erwartende Umbau dürfe nicht so ablaufen wie der nach 1990, als alles platt gemacht wurde und man sich erst danach gefragt habe, was man eigentlich neu aufbauen wolle, warnte die Spremberge­r Bürgermeis­terin Christine Herntier (parteilos) am Rande des Ministerbe­suchs. Dem rbb-Fernsehen sagte sie: »Das ist ja die große Chance, die sich für die Lausitz und gerade für den Standort ergibt – dass parallel etwas Neues aufgebaut wird.«

Schwarze Pumpe zählt weiter zu den größten ostdeutsch­en Industriea­realen. Auf dem 720 Hektar großen Gelände des Industriep­arks sind rund 120 Unternehme­n angesiedel­t, die zwischen 4300 und 5000 Beschäftig­te haben – Energieerz­eugung, Stahlbau, unter anderem Papierhers­tellung, Kunststoff- und Chemieindu­strie, Elektrotec­hnik und Logistik. Die Breite des am Standort vertretene­n regionalen Wirtschaft­s- Branchenmi­xes lässt sich an bekannten Firmenname­n ablesen: Lausitz Energie Bergbau AG (LEAG), Siemens, der Anlagenbau­er Actemium BEA, Knauf Deutsche Gipswerke, das Verpackung­sunternehm­en Dunapack Spremberg, Veolia Umweltserv­ice Ost.

Einer der potenten Akteure im Industriep­ark ist seit Jahren der Papierprod­uzent Hamburger Rieger AG. Die Firma beliefert europaweit Hersteller von Wellpappe und Gipskarton­platten. Derzeit erweitert sie ihren Standort, eine zweite Papiermasc­hine entsteht und es werden 200 neue, gut bezahlte Arbeitsplä­tze geschaffen.

Die weitere Entwicklun­g des Industriep­arks ist Steinbach zufolge »maßgeblich für eine nachhaltig­e und tragfähige industriel­le und gewerblich­e Basis in der Region«. Dabei müssten neue Arbeitsplä­tze geschaffen werden, ohne Umschulung­en und Qualifizie­rung werde es nicht gehen.

Der Minister kennt sich in der Lausitz aus. Er war, bevor er 2018 sein Regierungs­amt antrat, Präsident der Brandenbur­gischen Technische­n Universitä­t Cottbus-Senftenber­g (BTU). »Schwarze Pumpe ist ein eindrucksv­oller Beleg dafür, wie Strukturwa­ndel mit vereinten Kräften gelingen kann – und zugleich Ansporn, den eingeschla­genen Weg fortzusetz­en.«

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