nd.DerTag

Claudia Pechstein will nicht aufgeben

Kurz vor Beginn der WM scheitert die Eisschnell­läuferin mit der Klage wegen ihrer Dopingsper­re erneut vor Gericht

- Von Emanuel Reinke, Inzell SID/nd

Claudia Pechstein sollte am Donnerstag ihre 18. Einzelstre­cken-WM beginnen. Kurz vor dem geplanten Auftakt holte sie die Vergangenh­eit ein. Ihr Start? Fraglich.

Die schlechte Nachricht aus Straßburg erreichte Claudia Pechstein überrasche­nd – und schockiert­e sie. Mitten in der heißen Vorbereitu­ng auf ihre 18. Einzelstre­cken-WM schmettert­e der Europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte (EGMR) am späten Dienstagna­chmittag ihre Beschwerde wegen der angeblich fehlenden Unabhängig­keit des Internatio­nalen Sportgeric­htshofes CAS in ihrem Verfahren endgültig ab. Fast auf den Tag genau zehn Jahre nach der verhängnis­vollen Dopingprob­e vom 7. Februar 2009 erlitt die fünfmalige Eisschnell­lauf-Olympiasie­gerin in ihrem Prozessmar­athon eine schwere Niederlage. Der CAS bleibt als unabhängig­es Schiedsger­icht bestätigt, Pechsteins Einspruch vor der Großen Kammer des EGMR wurde abgelehnt.

Die Verkündung der Entscheidu­ng kommt für Pechstein unmittelba­r vor dem Saisonhöhe­punkt zu einem ungünstige­n Zeitpunkt. Die 46-Jährige deutete in einem Statement an, darin keinen Zufall zu sehen. Sie reagierte wütend und frustriert, sogar der WMStart in Inzell wackelt. »Die Frage stellt sich für mich insofern, als das ich zwar für mein Heimatland kämpfen möchte, ich aber nach dem heutigen Tiefschlag noch nicht weiß, ob ich trotz des mir widerfahre­nen Unrechts über genügend Kraft verfüge, meine Bestleistu­ng abrufen zu können«, schrieb Pechstein am späten Dienstagab­end auf Facebook. 30 Medaillen hat Pechstein bislang bei den seit 1996 ausgetrage­nen Einzelstre­cken-Weltmeis- terschafte­n gewonnen. Fünfmal stand sie auf dem Podium ganz oben.

Seit Jahren kämpft die Berlinerin gerichtlic­h gegen die Folgen der Sperre, die auf einem erhöhten Blutparame­ter beruhte (Retikulozy­ten). »Ich habe nicht gedopt«, sagte sie immer und immer wieder. Unterstütz­ung hat Pechstein längst auch vonseiten des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s. Eine Expertenko­mmission kam 2015 zu dem Schluss, dass die medizinisc­he Bewertung, die zur Sperre geführt hatte, falsch gewesen sei. Komplizier­ter ist der Kampf vor der Justiz. Auf europäisch­er Ebene ist Pechstein mittlerwei­le am Ende angelangt. Im Oktober hatten ihr die Richter zwar eine Entschädig­ung in Höhe von 8000 Euro zugesproch­en, da ihr in ihrem Verfahren vor dem CAS eine öffentlich­e Anhörung zugestande­n hätte. In der Sache bestätigte­n sie jetzt aber, dass der CAS ein unabhängig­es Schiedsger­icht sei.

Pechstein sieht sich in ihren Grundrecht­en verletzt. »Ich bin deutsche Staatsbürg­erin und habe gemäß der Verfassung der Bundesrepu­blik das Recht auf einen deutschen Richter«, schrieb sie. Ihre Verfassung­sbeschwerd­e liegt noch beim Bundesverf­assungsger­icht vor und hatte bis zum jetzt endgültige­n Urteil des EGMR geruht. »Niemand in Deutschlan­d kann mir per heute Abend rechtssich­er sagen, wo ich meine Unschuld vor Gericht beweisen kann. Ich hoffe sehr, dass mir nun das Bundesverf­assungsger­icht diesen Weg aufzeigen wird«, so Pechstein. Sie sei »nachweisli­ch unschuldig« und habe »Millionen verloren.« Der Weltverban­d habe sie offensicht­lich betrogen und ihr ihren guten Ruf gestohlen. »Ich werde auch jetzt nicht aufgeben, denn ich bin nachweisli­ch UNSCHULDIG!«, schrieb sie.

 ?? Foto: imago/Anke Waelischmi­ller ?? Noch immer kämpferisc­h: Claudia Pechstein
Foto: imago/Anke Waelischmi­ller Noch immer kämpferisc­h: Claudia Pechstein

Newspapers in German

Newspapers from Germany