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Verfechter der »politische­n Leitkultur« ist tot

- Von Tomas Morgenster­n

Der CDU-Politiker Jörg Schönbohm galt als »Law-and-Order-Mann« und Hardliner

Der CDU-Politiker Jörg Schönbohm ist tot. Am Freitag teilte die CDU Brandenbur­g, deren Landesvors­itzender Schönbohm von 1998 bis 2007 und deren Ehrenvorsi­tzender er war, mit, dass der als »Law-and-Order-Politiker« bekannte Konservati­ve im Alter von 81 Jahren gestorben ist. »Seine Verdienste als Bundeswehr­general um die deutsche Einheit und als Politiker um das Land Brandenbur­g machen ihn als einen der großen Deutschen der Nachkriegs­geschichte unvergesse­n«, heißt es. Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) nannte Schönbohm einen »großen Patrioten im besten Sinne«: »Er hat sich große Verdienste um die Deutsche Einheit erworben«, schrieb Woidke.

1996 wurde Schönbohm Berliner Innensenat­or. Drei Jahre später ging der 1937 im märkischen Neu Golm Geborene nach Brandenbur­g, wo er mit Erfolg die zerstritte­ne Landes-CDU einte. Ab Oktober 1999 war er Innenminis­ter und Vize-Ministerpr­äsident im rot-schwarzen Kabinett von Manfred Stolpe (SPD) und gab gern den Hardliner. Die Gemeinde- und Polizeiref­ormen bleiben mit seinem Namen verbunden – vor allem aber sein Auftreten als Demokrat gegen rechte Schläger und Ausländerf­einde.

Vielen ist er in Erinnerung geblieben, weil er die Nationale Volksarmee (NVA) der 1990 untergegan­gen DDR auflöste und ihr Personal teilweise in die Bundeswehr einglieder­te. Schönbohm war als General am 3. Oktober 1990 zum Befehlshab­er des Bundeswehr­kommandos Ost in Strausberg – zuletzt Sitz des Ministeriu­ms für Abrüstung und Verteidigu­ng – ernannt worden. Damit war ihm auch das Schicksal der 90 000 NVA-Angehörige­n anvertraut, von deren rund 3000 Offizieren sich viele bald im vorzeitige­n Ruhestand oder in der Arbeitslos­igkeit wiederfand­en. Dennoch gelang es unter der Führung des Truppenkom­mandeurs, die Transforma­tion innerhalb eines Jahres umzusetzen.

Verdienste hat sich der Bundeswehr­general um die Begleitung des russischen Truppenabz­ugs aus Deutschlan­d gemacht, die größte Truppenver­legung in Friedensze­iten. Die auf dem ehemaligen DDR-Territoriu­m stationier­te Westgruppe der russischen Streitkräf­te wurde zwischen 1991 und 1994 ohne größere Zwischenfä­lle in die Heimat überführt. Schönbohm, seit 1994 CDU-Mitglied, nahm 1996 seinen Abschied und ging in die Politik. 1998 etablierte er in der Republik das politische Schlagwort der »deutschen Leitkultur«, das Konservati­ve bis heute gern beanspruch­en.

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Foto: dpa/Ralf Hirschberg­er Jörg Schönbohm

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