EU-Staaten einig über Novelle der Gasrichtlinie
Befürworter von Nord Stream 2 sehen Pipeline nicht in Gefahr.
Der Ständige Ausschuss der EU-Staaten hat am Freitag in Brüssel für eine Novellierung der europäischen Gasrichtlinie gestimmt, die eine »verstärkte europäische Kontrolle« über Energieprojekte in diesem Bereich vorsieht. Die Neuregelung, der alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Bulgariens zustimmten, könnte Auswirkungen auf die im Bau befindliche Ostseepipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland haben.
Im Vorfeld hatte es Berichte gegeben, wonach die französische Regierung für eine deutliche Verschärfung der bisherigen Regelungen stimmen wolle. Dies sah der ursprüngliche Richtlinienvorschlag der EU-Kommission vor, den insbesondere osteuropäische Staaten unterstützten und Kritiker als »Lex Russland« bezeichneten. Laut dem Brüsseler Vorschlag sollten bei Gasprojekten zwischen einem Drittstaat und einem EU-Land künftig sämtliche Staaten mitentscheiden können, deren maritime Wirtschaftszone eine Pipeline passiert. Damit hätte die Ostseepipeline des russischen Exportmonopolisten Gazprom womöglich am Widerstand verschiedener EU-Länder scheitern können. Die Bundesregierung drängte dagegen darauf, dass die Zuständigkeit bei dem EU-Land bleiben solle, wo die Leitung erstmals auf das europäische Netz trifft. Im Falle von Nord Stream 2 wäre das eben Deutschland, das mit der Pipeline zum wichtigsten Gastransitland der EU aufsteigen würde.
Am Freitag einigten sich Paris und Berlin kurz vor der Abstimmung auf einen gemeinsamen Vorschlag zur Überarbeitung der europäischen Gasrichtlinie, dem letztlich auch die anderen Länder zustimmten. Nach französischer Darstellung sieht die Einigung ein zweistufiges Vorgehen vor: Demnach liegt die erste Zuständigkeit für Pipelines bei dem EU-Land, wo die Leitung ankommt. Allerdings hat die EU-Kommission dann eine Kontrollmöglichkeit. Deutschland akzeptiere nun erstmals eine »europäische Kontrolle«, hieß es aus dem Umfeld von Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron. Paris habe die Abhängigkeit vom russischen Gas Sorgen gemacht, »deshalb war für uns eine europäische Kontrolle wichtig, um sicherzustellen, dass diese Abhängigkeit nicht zu groß wird.« Deutsche Diplomaten wiesen darauf hin, dass die Einigung zwar strengere Auflagen für das Milliardenprojekt vorsehe, dieses dadurch aber nicht bedroht werde.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem gemeinsamen Erfolg Deutschlands und Frankreichs. »Diesen Tag finde ich gut, und er wäre ohne die deutsch-französische Zusammenarbeit so nicht erfolgt«, sagte sie am Freitag in Berlin. Auch der Macron-Mitarbeiter sagte: »Eine deutsch-französische Krise gibt es nicht.« Darüber war spekuliert worden, nachdem der französische Präsident seine Teilnahme an der Münchener Sicherheitskonferenz in der kommenden Woche abgesagt hatte.
Nach der Einigung der Staaten beginnen in den nächsten Tagen die Verhandlungen mit dem Europaparlament über die GasNovelle. Diese dürften nicht ganz einfach werden: Unter den Abgeordneten gibt es eine klare Mehrheit für eine Europäisierung der Entscheidungsprozesse. Kritiker von Nord Stream 2 wie der CDU-Politiker Elmar Brok schimpften bereits über die Einigung: »Das ist ein ganz fauler Kompromiss.«