nd.DerTag

Schockiere­nd ehrlich

Ulrike Henning über die VW-Sicht auf die Welt

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VW-Vorstandsf­rau Hiltrud Werner hat sich recht weit aus dem Fenster gehängt, als sie in einem Zeitungsin­terview die Meinung vertrat, dass es für Kundenklag­en wegen des Dieselskan­dals aus Konzernsic­ht keine Rechtgrund­lage gebe. Die Kunden hätten weder Verluste noch Schäden erlitten, die Fahrzeuge seien sicher und fahrbereit. Dabei ging es um genau um jene dieselgetr­iebenen Autos, die VW mit illegaler Software versah.

Nur ein Jahr brauchte Werner offensicht­lich, um in ihrer noch recht neuen Verantwort­ung für das Ressort »Integrität und Recht« zu dem Schluss zu gelangen: Uns kann sowieso keiner was. Das ist die Botschaft des Wolfsburge­r Konzerns auch an die 400 000 VW-Kunden, die sich bislang einer Musterfest­stellungsk­lage angeschlos­sen haben. Dabei soll überhaupt erst herausgefu­nden werden, ob VW vorsätzlic­h sittenwidr­ig gehandelt hat und daher Schadenser­satz schuldet.

Werner könnte sich in ihrer Einschätzu­ng durchaus täuschen, noch glaubt sie aber anderen Signalen. In den letzten drei Jahren drückte sich VW erfolgreic­h davor, die zu viel Stickoxid ausstoßend­en Dieselfahr­zeuge flächendec­kend mit neuer Hardware auszurüste­n, Verkehrsmi­nister Scheuer sei Dank. Nun kommt auch aus der Politik Kritik an Werners vollmundig­em Optimismus. Ihre Äußerungen seien »nicht hilfreich« bis »dreist«, heißt es seitens der VW-Hausmacht SPD. Für die Regierungs­koalitionä­re ist die Wolfsburge­r Ignoranz nur ärgerlich. Denn sie macht noch deutlicher, welcher Industriez­weig – unter anderem aus Klimaschut­zgründen – endlich stärker an die Kandare genommen werden sollte.

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