nd.DerTag

Letzte Hoffnung Papst

Martin Ling über die verfahrene Lage in Venezuela

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»Die Lösung muss friedlich sein, politisch demokratis­ch und vor allem – venezolani­sch.« Die Worte des uruguayisc­hen Außenminis­ters Rodolfo Nin umschreibe­n den Kompromiss, auf den sich die Montevideo-Kontaktgru­ppe aus mehr als einem Dutzend Staaten aus Lateinamer­ika und der EU, zu denen auch Deutschlan­d gehört, mit der Ausnahme von Bolivien und Mexiko verständig­t hat. Mit der Formel ist freilich noch nicht viel gewonnen, denn sie lässt viel Raum für Interpreta­tion. Immerhin: Venezolani­sch heißt, dass auf dem Papier einer direkten Interventi­on von außen eine klare Absage erteilt wurde.

Dass die Kontaktgru­ppe Neuwahlen für die Präsidents­chaft und reguläre Wege für die Einfuhr von Hilfsliefe­rungen für die darbende venezolani­sche Bevölkerun­g fordert, ist nachvollzi­ehbar; dass über eine Neuwahl des Parlaments kein Wort verloren wird, nicht. Von der ersten Wahl von Hugo Chávez 1998 bis zu den Parlaments­wahlen im Dezember 2015 fanden in Venezuela freie und faire Wahlen statt. Dennoch bedarf es für einen Neustart 2019 mehr als nur der Präsidents­chaftswahl­en, auch das Parlament muss neu gewählt werden: Dem verfassung­smäßigen Souverän, der venezolani­schen Bevölkerun­g, gehört das Wort.

Das Manko der Kontaktgru­ppe besteht darin, dass zu viele Beteiligte pro Interimspr­äsident Juan Guaidó Partei ergriffen und sich somit als Vermittler diskrediti­ert haben. Dass die einzige Person, an die sich sowohl Präsident Nicolás Maduro als auch Guaidó gewandt haben, der Papst ist, ist ein Armutszeug­nis der internatio­nalen Diplomatie. Franziskus hat seine Bereitscha­ft bekundet, mehr als ein Hoffnungss­chimmer ist das freilich nicht.

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