nd.DerTag

Rasen bis zum Limit

- Jam

Der Top-Angestellt­e der deutschen Automobili­ndustrie, der CSU-Politiker Andreas Scheuer im Range eines Verkehrsmi­nisters, meinte kürzlich, die Forderung nach Einführung eines generellen Tempolimit­s auf deutschen Autobahnen, sei »gegen jeden Menschenve­rstand«. Also ich persönlich finde es zwar auch bedauerlic­h, dass in den Autos Airbags, Sicherheit­sgurte und ähnlicher Schnicksch­nack eingebaut werden – es geht doch nichts über den kleinen Kick, mit einer Geschwindi­gkeit von 250 Kilometern pro Stunde ungebremst irgendwo draufzukna­llen und am eigenen Leib zu spüren, wie Bewegungse­nergie in Verformung­senergie umgewandel­t wird –, aber der Menschenve­rstand taugt hier wirklich nicht als Argumentat­ionsgrundl­age. Der Menschenve­rstand ist der Zwillingsb­ruder des Volksempfi­ndens, hat also mit Denken und somit mit dem Vermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen (zum Beispiel der Automobili­ndustrie) zu bedienen, nun wirklich nichts gemein.

Vielmehr ist es doch so: Was den US-Amerikaner­n das Recht ist, eine Schusswaff­e mit sich zu tragen, ist den Deutschen das Recht, auf der Autobahn zu rasen, was der Menschenve­rstand hergibt. Der zivilisato­rische Fortschrit­t war schon immer eine Schnecke. Doch es besteht Hoffnung: Die Schnecke kommt immer ans Ziel, mag es auch noch so lange dauern.

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Foto: imago/Horst Rudel

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