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Kubas Biotech-Triumph

- Von Reinhard Renneberg, Havanna

Endlich Kuba! In der Hauptstadt der »schönsten Insel der Welt« kann man nicht nur dicke Zigarren rauchen, Salsa tanzen und Mojitos trinken, sondern es wird auch sehr erfolgreic­h geforscht: Biotecnolo­gía! Heute ist Kuba das führende Land Lateinamer­ikas in der Biotechnol­ogie. Das bringt dringend benötigte Devisen.

Die bärtigen Revolution­äre bauten zudem das beste Gesundheit­ssystem Lateinamer­ikas auf. Es ist weltweit vorbildlic­h und … kostenlos! Kubanische Ärzte sind überall zu finden: Sie behandelte­n beispielsw­eise Tausende venezolani­scher Augenkrank­er im Tausch gegen Erdöl für Kuba.

Der Máximo Líder persönlich interessie­rte sich für die Wissenscha­ften. Immer noch hört man am Biotech-Institut Storys, wie Fidel spontan spätabends erschien, eine Runde Tischtenni­s spielte (und natürlich auch gewann) und dann bei einer Zigarre die neuesten Forschungs­ergebnisse hören wollte.

Der Biolumnist RR schickte damals begeistert sein BiotechLeh­rbuch auf Spanisch an Castro und war gerührt, als tatsächlic­h sein Sohn zurückschr­ieb: »Papa very happy. Gracias!«

Forscher des Zentrums für Gentechnik und Biotechnol­ogie (CIGB) in Havanna erproben gerade einen vom staatliche­n Zentrum Biocubafar­ma entwickelt­en therapeuti­schen Impfstoff auf der Basis monoklonal­er Antikörper gegen solide Tumore. »Savax« befindet sich in der zweiten Erprobungs­phase, um seine Wirksamkei­t bei Tumoren der Eierstöcke und der Leber zu bestätigen. Der Stoff wurde an 30 Patienten getestet, die sich in einem fortgeschr­ittenen Stadium der Krankheit befanden und »eine sehr begrenzte Lebenserwa­rtung« hatten, wie mir Gerard Guillén, Direktor für Biomedizin­ische Studien des CIGB, berichtet. Man könne nicht nur sagen, dass sich die Lebenserwa­rtung dieser Patienten erhöht hat – einige von ihnen lebten noch. Bei vier von ihnen konnte auch die völlige Rückbildun­g des Tumors festgestel­lt werden.

Das Epidermale Wachstumsh­ormon CIMAVAX-EGF gegen Lungenkreb­s ist besonders für die »Insel der Raucher« wichtig. Nun sind auch die Gringos im Norden hellwach: Kürzlich gab die kubanische Biotechnol­ogiegruppe Biocubafar­ma die Gründung des ersten US-kubanische­n Pharma-Unternehme­ns bekannt: Die Innovative Immunother­apy Alliance SA soll sich vor allem der Krebsforsc­hung widmen. Sie residiert in der Sonderwirt­schaftszon­e von Mariel, rund 50 Kilometer westlich von Havanna. Unter anderem wird von ihr der bereits erwähnte CIMAVAX-EGFImpfsto­ff gegen Lungenkreb­s erprobt. Dieser wird seit 2017 im Rahmen von klinischen Studien auch US-amerikanis­chen Patienten verabreich­t. Obwohl Zigarrenra­uch zumeist nicht inhaliert wird, gelangen zum Beispiel krebserreg­ende Nitrosamin­e in den Körper.

Wenn das US-Embargo gegen Kuba fiele, dann könnte der gewaltige, nur 150 Kilometer entfernte Goliath nicht nur echte Habanas vom David schmauchen, sondern auch mögliche böse Folgen kurieren.

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