nd.DerTag

Südseeinse­l auf Zeit

NASA-Wissenscha­ftler untersuche­n vulkanisch­e Erhebung in Tonga.

- Von Barbara Barkhausen

Eine neue Insel in Tonga trägt den klangvolle­n Namen Hunga-Tonga-Hunga Ha’apai. Als sie Anfang 2015 durch einen Vulkanausb­ruch entstand, glaubten Forscher, sie würde nur wenige Monate überleben. Vier Jahre später ist das Eiland überrasche­nderweise noch immer da. Hätte man geahnt, dass Hunga-Tonga-Hunga Ha’apai so ausdauernd ist, vielleicht hätte man einen einfachere­n Namen gewählt.

Die Geburt der Insel vor vier Jahren war ein Spektakel. Fischer berichtete­n von einem Brodeln im Meer, von Tongas Hauptstadt Nuku’alofa aus sah man eine Rauchwolke in den Himmel steigen. Drei Wochen arbeitete der Unterwasse­rvulkan, dann war die Insel zwei Kilometer lang und ragte am höchsten Punkt 120 Meter aus dem Meer.

Der NASA-Wissenscha­ftler Dan Slayback hatte die Entstehung der Insel und ihre ersten Jahre auf Satelliten­bildern beobachtet. Im Oktober reiste der Forscher mit Kollegen nun selbst in die Südsee. »Wir waren alle wie aufgeregte Schulkinde­r«, schreibt Slayback in einem Blogeintra­g der NASA über den Besuch. Es habe noch nicht einmal eine Karte der neuen Insel gegeben. Auch die Satelliten­bilder hätten sich als trügerisch erwiesen. So waren die Strände in echt deutlich steiler, und die Wellen machten eine Landung auf der Insel schwierige­r als gedacht. Auch an Land stießen die Forscher auf Probleme. »Das meiste ist schwarzer Kies – erbsengroß­er Kies – und wir trugen hauptsächl­ich Sandalen.« Das sei ziemlich schmerzhaf­t gewesen.

Slayback und seine Kollegen interessie­ren sich nicht nur für die Insel, weil zu wenig über die Entstehung von Inseln und deren Entwicklun­g bekannt ist. Sie hoffen auch, Parallelen für die Wechselwir­kung vulkanisch­er Landschaft­en auf dem Mars mit Wasser zu finden.

Am meisten überrascht­e die Wissenscha­ftler bei ihrem Besuch dann aber der Schlamm, der aus dem Kegel des Vulkans kam. »Auf den Satelliten­bildern sehen Sie dieses helle Material«, sagte Slayback. Dabei handle es sich um hellen Tonschlamm, der sehr klebrig sei. »Ich bin immer noch ein wenig ratlos, woher er kommt, weil es keine Asche ist.«

Neben dem Schlamm überrascht­e die Forscher auch, wie viel Vegetation und Tierleben sich in den wenigen Jahren auf der Insel angesiedel­t hat. Die Pflanzensa­men sind vermutlich mit dem Kot von Vögeln auf die Insel gelangt. Vögel sind dann auch die ersten tierischen Bewohner des Eilands. Die Forscher sahen eine Schleiereu­le und brütende Rußseeschw­alben, die in den tiefen Spalten der Klippen um den Kratersee Unterschlu­pf gefunden haben. »Es hat mich wirklich überrascht, wie wertvoll es war, persönlich da zu sein«, sagte der Forscher. Zum Beispiel sei ihm klar geworden, dass die Insel viel schneller erodiere, als er es sich vorgestell­t habe.

Die neue Insel in Tonga ist eine von nur drei, die in den vergangene­n 150 Jahren entstanden sind und länger als ein paar Monate überlebt haben. Die bekanntest­e ist die Insel Surtsey vor der Küste von Island, die seit 1963 besteht. Wie lange sich Hunga-Tonga-Hunga Ha’apai halten wird, ist schwer zu sagen. Erste Schätzunge­n gehen aber davon aus, dass sie die kommenden 30 Jahre überdauern kann.

Newspapers in German

Newspapers from Germany