Südseeinsel auf Zeit
NASA-Wissenschaftler untersuchen vulkanische Erhebung in Tonga.
Eine neue Insel in Tonga trägt den klangvollen Namen Hunga-Tonga-Hunga Ha’apai. Als sie Anfang 2015 durch einen Vulkanausbruch entstand, glaubten Forscher, sie würde nur wenige Monate überleben. Vier Jahre später ist das Eiland überraschenderweise noch immer da. Hätte man geahnt, dass Hunga-Tonga-Hunga Ha’apai so ausdauernd ist, vielleicht hätte man einen einfacheren Namen gewählt.
Die Geburt der Insel vor vier Jahren war ein Spektakel. Fischer berichteten von einem Brodeln im Meer, von Tongas Hauptstadt Nuku’alofa aus sah man eine Rauchwolke in den Himmel steigen. Drei Wochen arbeitete der Unterwasservulkan, dann war die Insel zwei Kilometer lang und ragte am höchsten Punkt 120 Meter aus dem Meer.
Der NASA-Wissenschaftler Dan Slayback hatte die Entstehung der Insel und ihre ersten Jahre auf Satellitenbildern beobachtet. Im Oktober reiste der Forscher mit Kollegen nun selbst in die Südsee. »Wir waren alle wie aufgeregte Schulkinder«, schreibt Slayback in einem Blogeintrag der NASA über den Besuch. Es habe noch nicht einmal eine Karte der neuen Insel gegeben. Auch die Satellitenbilder hätten sich als trügerisch erwiesen. So waren die Strände in echt deutlich steiler, und die Wellen machten eine Landung auf der Insel schwieriger als gedacht. Auch an Land stießen die Forscher auf Probleme. »Das meiste ist schwarzer Kies – erbsengroßer Kies – und wir trugen hauptsächlich Sandalen.« Das sei ziemlich schmerzhaft gewesen.
Slayback und seine Kollegen interessieren sich nicht nur für die Insel, weil zu wenig über die Entstehung von Inseln und deren Entwicklung bekannt ist. Sie hoffen auch, Parallelen für die Wechselwirkung vulkanischer Landschaften auf dem Mars mit Wasser zu finden.
Am meisten überraschte die Wissenschaftler bei ihrem Besuch dann aber der Schlamm, der aus dem Kegel des Vulkans kam. »Auf den Satellitenbildern sehen Sie dieses helle Material«, sagte Slayback. Dabei handle es sich um hellen Tonschlamm, der sehr klebrig sei. »Ich bin immer noch ein wenig ratlos, woher er kommt, weil es keine Asche ist.«
Neben dem Schlamm überraschte die Forscher auch, wie viel Vegetation und Tierleben sich in den wenigen Jahren auf der Insel angesiedelt hat. Die Pflanzensamen sind vermutlich mit dem Kot von Vögeln auf die Insel gelangt. Vögel sind dann auch die ersten tierischen Bewohner des Eilands. Die Forscher sahen eine Schleiereule und brütende Rußseeschwalben, die in den tiefen Spalten der Klippen um den Kratersee Unterschlupf gefunden haben. »Es hat mich wirklich überrascht, wie wertvoll es war, persönlich da zu sein«, sagte der Forscher. Zum Beispiel sei ihm klar geworden, dass die Insel viel schneller erodiere, als er es sich vorgestellt habe.
Die neue Insel in Tonga ist eine von nur drei, die in den vergangenen 150 Jahren entstanden sind und länger als ein paar Monate überlebt haben. Die bekannteste ist die Insel Surtsey vor der Küste von Island, die seit 1963 besteht. Wie lange sich Hunga-Tonga-Hunga Ha’apai halten wird, ist schwer zu sagen. Erste Schätzungen gehen aber davon aus, dass sie die kommenden 30 Jahre überdauern kann.