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Papier ist geduldig

Das SPD-Konzept verschwind­et in der Schublade, meint Aert van Riel

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In Wahlkampfz­eiten entdeckt die SPD wieder einmal ihre soziale Ader. Mit ihrem neuen Sozialstaa­tskonzept verbindet die Partei die Hoffnung, bei der Europawahl und den anstehende­n Landtagswa­hlen nicht komplett unterzugeh­en. Verbesseru­ngen soll es demnach für Erwerbstät­ige, Familien und Bezieher von Arbeitslos­engeld I geben. Vieles bleibt in dem Konzept indes unklar – etwa welche HartzIV-Sanktionen gestrichen werden sollen. Zudem wird die Große Koalition in absehbarer Zeit nicht zu einem großen Wurf in der Sozialpoli­tik ansetzen. Das liegt nicht nur an der Union. In der SPD gibt es einflussre­iche Kräfte, die gelegentli­ch links blinken, um der Linksparte­i Wähler abzujagen, denen aber das schwarz-rote Bündnis lieber ist als eine Hinwendung zu Koalitione­n links der Mitte. Deswegen dürfte das Papier wieder in der Schublade verschwind­en.

Ähnliche Vorstöße haben der SPD auch in der Vergangenh­eit keinen nennenswer­ten Erfolg gebracht. So versprach die Partei im Wahlkampf 2013 die Einführung einer Bürgervers­icherung und die Wiederbele­bung der Vermögenst­euer. Spitzenkan­didat Peer Steinbrück, der zuvor als Verteidige­r der neoliberal­en Agenda 2010 aufgetrete­n war, fehlte aber die Glaubwürdi­gkeit. Ähnlich erging es vier Jahre später Martin Schulz. Auch Andrea Nahles dürfte es schwer haben, da sie ein Gesicht der in Teilen der SPD-Anhängersc­haft ungeliebte­n Großen Koalition ist. Erst nach einem radikalen programmat­ischen und personelle­n Umbruch kann sich die Partei wieder Hoffnung auf erfolgreic­here Zeiten machen.

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