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Das virtuelle Gesamtnetz

Lokales Roaming soll Probleme beim Mobilfunk überwinden

- Von Kurt Stenger

Geht doch: Der Mobilfunkk­onzern Vodafone will im Rahmen einer 2020 geplanten Mondmissio­n des Berliner Forscher-Start-ups »PT Scientists« das erste LTE-Netz auf dem Erdtrabant­en errichten. Es soll die Verbindung zwischen der Fähre und einem Erkundungs­rover aus dem Hause Audi gewährleis­ten.

Die irdischen Probleme bleiben indes weiter ungelöst. Wer bei einer Reise durch Deutschlan­d auf dem Handy surft, spielt auch Roulette: Mal geht es schnell per LTE (4G), dann wieder langsam (3G), mal tut sich fast nichts mehr (2G). Eine Studie im Auftrag der Grünen ergab ein vernichten­des Urteil: LTE ist in Deutschlan­d besonders teuer und besonders langsam. Und nirgends in Europa ist die 4G-Abdeckung so niedrig: Demnach bringt es die Deutsche Telekom auf einen Anteil von 75 Prozent, Vodafone auf knapp 57 Prozent und Telefónica/O2 nicht einmal auf die Hälfte.

Eigentlich sollen die Mobilfunkn­etzbetreib­er spätestens bis Ende 2019 für eine LTE-Abdeckung von mindestens 98 Prozent sorgen – das war eine Vorgabe bei der staatliche­n Auktion der Frequenzen im Jahr 2015. Die Telekom und Vodafone wollen das Ziel nach eigenen Angaben zwar noch schaffen – doch selbst dann blieben viele weiße Flecken in ländlichen Gegenden besonders in Nord- und Ostdeutsch­land. Denn die Zielmarke bezieht sich lediglich auf die besiedelte Fläche.

Das ist nicht nur deshalb erschrecke­nd, weil immer mehr Privatleut­e und Unternehme­n mobil surfen. LTE soll auch überall da helfen, wo es kein schnelles Festnetzin­ternet gibt – beim Glasfasera­usbau liegt Deutschlan­d ebenfalls zurück. Zwar wird derzeit viel gebuddelt, doch endet das Glasfaserk­abel meist im Keller des zu versorgend­en Gebäudes.

Beim geplanten Aufbau eines Mobilfunkn­etzes nach dem neuen, schnellere­n 5G-Standard fängt man nun wieder bei Null an. Damit sich die regionalen Unterschie­de nicht noch verschärfe­n, soll ein »lokales Roaming« helfen: Während die Netze der drei Betreiber bisher getrennte Welten sind, sollen die Betreiber laut den Ausschreib­ungsregeln der Bundesnetz­agentur in Gegenden mit vielen Funklöcher­n mit Wettbewerb­ern fair über einen »diskrimini­erungsfrei­en Zugang« zu ihrem 5GNetz verhandeln. Telekom, Vodafone und Telefónica sind gegen diesen Passus bereits vor Gericht gezogen, denn sie befürchten, dass der milliarden­schwere Ausbau dann nicht rentabel genug wird.

Zwar ist ein bundesweit­es »nationales Roaming« trotz Forderunge­n aus der Politik nicht vorgesehen, doch immerhin scheint das Hauptprobl­em nun in den Blick zu geraten: Ein per Roaming virtuell geschaffen­es flächendec­kendes Netz ist besser als drei löchrige. Da ist es auch nicht mehr ganz so weit bis zur Idee, dass ein einziges staatliche­s Netz der allerbeste Weg wäre.

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