Kürzer, aber immer noch zu lange
Asylbescheide dauern im Schnitt gut sechs Monate. Das ist immer noch doppelt so lange wie das 2015 ausgegebene Ziel.
»Die Bundesregierung hat ihr selbst gestecktes Ziel, Asylverfahren innerhalb von drei Monaten zu bearbeiten, krachend verfehlt«, kommentiert die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, die Zahlen des Bundesinnenministeriums zur Asylverfahrensdauer. Aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage geht hervor, dass die durchschnittliche Verfahrensdauer im dritten Quartal 2018 6,1 Monate betrug. »Auch im dritten Quartal war die durchschnittliche Verfahrensdauer immer noch mehr als doppelt so lang, wie sie laut Bundesregierung sein sollte. Der Bund habe sich auf dem »Flüchtlingsgipfel« im Herbst 2015 gegenüber den Bundesländern verpflichtet, Asylverfahren auf durchschnittlich drei Monate zu verkürzen. Im Zeitraum von Januar bis September 2018 betrug die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bis zu einer behördlichen Entscheidung 7,9 Monate.
Unter den Asylsuchenden aus den 15 wichtigsten Herkunftsländern plus Algerien, Marokko und Tunesien mussten im 3. Quartal die Antragsteller aus Pakistan (9,1 Monate), der Russischen Förderation (8,8) und Somalia (8,4) am längsten warten. Die Betroffenen aus Syrien erhielten nach 4,4 Monaten einen Bescheid.
»Auch im dritten Quartal war die durchschnittliche Verfahrensdauer immer noch mehr als doppelt so lang wie sie laut Bundesregierung sein sollte.«
Ulla Jelpke, LINKE
In der Vorbemerkung zu ihrer Anfrage weisen Jelpke und die Fraktion darauf hin, dass Angaben der Bundesregierung und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die nahe oder zuletzt sogar unter der Zielmarke von drei Monaten Bearbeitungszeit liegen, auf einen eng gefassten Bemessungszeitraum und das Herausrechnen von sogenannten Altfällen beruhten. »Die Bundesregierung bzw. das BAMF beziehen sich bei Angaben zur Verfahrensdauer auf unterschiedliche Berechnungsmethoden – nach Auffassung der Fragestellenden geschieht dies, um gegenüber der Öffentlichkeit behaupten zu können, das politisch vorgegebene Ziel dreimonatiger Verfahrensdauern sei erreicht worden«, heißt in dem Papier.
Noch länger als ein halbes Jahr, – nämlich 7,7 Monate durchschnittlich im 3. Quartal, und 10,2 Monate in den ersten neun Monaten 2018 – warteten unbegleitete Minderjährige bis zu einer behördlichen Entscheidung. Bei Minderjährigen aus Afghanistan dauerte es zuletzt sogar über ein Jahr (12,6 Monate), gefolgt von Syrien mit 11,2 Monaten und Nigeria mit 9,7 Monaten. Dass die Verfahren bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen noch einmal deutlich länger dauerten, »halte ich für besonders skandalös«, so Jelpke.
Statt aufwendig und zumeist ohne Ergebnis einen schon gewährten Schutzstatus wieder in Frage zu stellen, wie es derzeit im Rahmen der Widerrufsprüfungen hunderttausendfach geschehe, »sollte das Personal im BAMF für die Prüfung der Asylanträge eingesetzt und weiter qualifiziert werden«, fordert die Linkspolitikerin. »Das könnte die Verfahrensdauern wirksam verkürzen, und zwar ohne dass die Qualität der Verfahren leidet.«