nd.DerTag

Spanien am Scheideweg

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Martin Ling über den Prozessbeg­inn gegen katalanisc­he Politiker in Madrid

Spanien rückt weiter nach rechts, Katalonien nach links. Der Prozess gegen zwölf katalanisc­he Politiker wegen ihrer Beteiligun­g am Unabhängig­keitsrefer­endum und am Unabhängig­keitsproze­ss, der diesen Dienstag vor dem Obersten Gerichtsho­f beginnt, wird diese ohnehin seit dem Hochkochen des Katalonien-Konflikts 2017 vorherrsch­ende Tendenz weiter verstärken.

Der Prozess mit Anklagepun­kten wie Rebellion und Aufruhr, die in vier europäisch­en Ländern von Belgien über Großbritan­nien bis zur Schweiz und Deutschlan­d von der Justiz für gegenstand­slos erklärt wurden, wird in Katalonien weit über das Unabhängig­keitslager hinaus abgelehnt und als Angriff auf die Demokratie gewertet. Nur die spanische Rechte und extreme Rechte goutiert die Repression mit dem Strafrecht gegen gewählte Politiker, die ihren Wählerauft­rag auch gegen spanisches Recht durchzuset­zen versuchten.

Mit dem Prozess und der allseits erwarteten Verurteilu­ng wird sich Spaniens Polarisier­ung fortsetzen. Spaniens Rechte frohlockt: Ihr neu formierter Dreierbloc­k von Volksparte­i (PP), den Bürgern (Ciudadanos) und dem Newcomer, der faschistis­ch-franquisti­schen VOX, bläst nach der Regierungs­übernahme in Andalusien schon zum Sturm auf Madrid und fordert Neuwahlen. Spaniens sozialdemo­kratischer Premier Pedro Sánchez sitzt wie das Kaninchen vor der Schlange. Viel Zeit zum Schultersc­hluss mit den Katalanen bleibt nicht.

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