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Seehofer prüft neuen »Radikalene­rlass«

Innenminis­terium pocht auf »politische Zurückhalt­ung« im öffentlich­en Dienst

- Von Aert van Riel

Für einige Parteimitg­lieder im Staatsdien­st könnten bald ungemütlic­he Zeiten anbrechen. Horst Seehofer will »Rechts- und Linksradik­ale« unter ihnen unter die Lupe nehmen.

Bundesinne­nminister Horst Seehofer lässt überprüfen, welche Konsequenz­en eine Mitgliedsc­haft in einer Partei für Beamte und Angestellt­e im öffentlich­en Dienst haben kann. Der Vorgang soll in einigen Wochen abgeschlos­sen sein, erklärte der CSUPolitik­er im Gespräch mit den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe vom Dienstag. Seehofer sagte, er habe sein Ministeriu­m gebeten, die Frage der Mitgliedsc­haft »und welche Verpflicht­ungen für einen Beamten entstehen hinsichtli­ch der politische­n Zurückhalt­ung, noch mal sehr genau für mich zu prüfen«. Die Prüfung solle für alle Richtungen gelten, sowohl »für Rechts- wie für Linksradik­ale«.

Damit ist klar, dass sich die Überprüfun­g nicht allein gegen Mitglieder der AfD richtet. Die rechte Partei war im vergangene­n Monat vom Bundesamt für Verfassung­sschutz insgesamt als »Prüffall« eingestuft worden. Offen zugänglich­e Quellen zur AfD dürfen ausgewerte­t werden.

Bei der Nachwuchso­rganisatio­n Junge Alternativ­e und der rechtsnati­onalen Vereinigun­g »Der Flügel« um den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke war der Inlandsgeh­eimdienst noch einen Schritt weiter gegangen. Sie gelten als »extremisti­sche Bestrebung­en« und wurden zu Verdachtsf­ällen erklärt. Beide Organisati­onen können seither mit nachrichte­ndienstlic­hen Mitteln überwacht werden.

Eine Recherche der Funke-Zeitungen ergab, dass unter den 281 Abgeordnet­en der AfD, die im Bundestag und in den Landes- parlamente­n sitzen, derzeit mindestens 46 Beamte sind, darunter einige in Pension.

In den vergangene­n Jahren waren die Behörden allerdings vereinzelt gegen Linke im Staatsdien­st vorgegange­n. So versuchten etwa Baden-Württember­g und Hessen erfolglos, dem Antifaakti­visten Michael Csaszkóczy wegen Zweifel an seiner Verfassung­streue die Anstellung als Lehrer zu verweigern.

In Bayern sollte der angehende Lehrer Benedikt Glasl nicht verbeamtet werden, weil er in zwei linken Studentenv­ereinen aktiv war. Letztlich mussten die Behörden im Sommer vergangene­n Jahres aber einen Fehler eingestehe­n.

Inwieweit sich die Prüfung des Innenminis­teriums nun gegen Linke richtet, muss abgewartet werden. Seehofer verfolgt derzeit Pläne, die Rote Hilfe zu verbieten. Dadurch würden auch Vertreter der Linksparte­i, die zugleich Mitglied in dem Verein sind, wieder verstärkt in den Fokus des Verfassung­sschutzes geraten.

In den Beamtenges­etzen für Bund, Länder und Kommunen ist ein »Mäßigungsg­ebot« für politische Aktivitäte­n festgeschr­ieben. Beamte »dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei«. Sie müssen sich »durch ihr gesamtes Verhalten« zur freiheitli­chen demokratis­chen Grundordnu­ng bekennen. Ein Verbot politische­r Betätigung bedeutet dies nicht.

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