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Kinder wechseln, Unterhalt endet?

Rechtsauss­chuss hört Anträge von FDP und LINKEN zur Betreuung von Trennungsk­indern

- Von Lisa Yashodhara Haller

An diesem Mittwoch berät der Rechtsauss­chuss im Bundestag über eine verbindlic­he Festschrei­bung des »Wechselmod­ells« für Trennungsk­inder.

Vätern, die für ihre Kinder keinen Unterhalt zahlen, den Führersche­in zu entziehen, war ein Vorschlag der SPD. Die gemeinsame Erziehung durch beide Eltern gesetzlich vorschreib­en, das wollen FDP und die Väterlobby. Über das emotional aufgeladen­e Thema, wie und wo Kinder nach einer Trennung leben sollen, berät diesen Mittwoch der Ausschuss für Recht und Verbrauche­rschutz im Bundestag. Neben dem der FDP liegt dort auch ein Antrag der LINKEN vor.

Offiziell geht es der FDP um das Wechselmod­ell. Auf freiwillig­er Basis ist dies bereits heute möglich. Väter, die für ihre Kinder da sein wollen und sich darüber mit den Müttern einig sind, können das. Zwischen fünf und 15 Prozent getrennt lebender Eltern wechseln sich dabei regelmäßig ab – mit steigender Tendenz. Das funktionie­rt entweder unter im Rahmen der Doppelresi­denz; dabei pendeln die Kinder zwischen zwei Haushalten der getrennten Eltern oder im Rahmen des »Nestmodell­s«, bei dem die Kinder dauerhaft in der selben Wohnung leben, in die der jeweilige Elternteil für die Betreuung einzieht.

Tatsächlic­h geht es beim Wechselmod­ell auch um den alten Zankapfel Unterhalt. Das Bürgerlich­e Gesetzbuch geht hier immer noch von der Kinderbetr­euung durch die Hausfrau aus. Der betreuende Elternteil lässt das Kind an seinem Lebensstan­dard partizipie­ren und begleicht so die Unterhalts­schuld. Barunterha­lt muss hingegen nur derjenige zahlen, der sein Kind nicht regelmäßig betreut. Wenn, wie im Wechselmod­ell, offiziell beide Eltern dafür verantwort­lich sind, würde für eine ganze Menge Väter die Unterhalts­pflicht wegfallen. Zwar hat der Bürgerlich­e Gerichtsho­f mit seinem Urteil 2014 entschiede­n, dass im Falle einer nahezu paritätisc­hen Aufteilung der Betreuungs­zeit beide Elternteil­e barunterha­ltspflicht­ig sind, doch dies ist in der Realität selten der Fall. Der FDP-Vorschlag erfolgt in einer Situation, in der Vollzeitst­ellen sowie mangelnde Kitaplätze dazu führen, dass immer noch oft eine Person auf Erwerbsarb­eit verzichtet, um die Kinder zu betreuen. De facto lebt auch nach Trennungen der Großteil der Kinder – laut Angaben des »Spiegels« 73 Prozent – überwiegen­d bei der Mutter. Auch das ist ein Grund für den realen Gender Pay Gap.

Nur wenige Väter arbeiten Teilzeit, um ihre Kinder betreuen zu können. Hinzu kommt, dass Frauen, die während der Ehe oder Beziehung zu Hause beim Kind geblieben sind, es auch aufgrund dieser Lücke im Erwerbsleb­enslauf später oft schwerer haben, wieder eine ausreichen­d gut bezahlte Teilzeitst­elle zu finden.

Die familienpo­litische Sprecherin der Linksfrakt­ion, Katrin Werner, kri- tisierte: »Für das Wechselmod­ell existiert bisher keine tragfähige Regelung, die die Unterhalts­regelung für dieses Umgangsmod­ell festschrei­bt.« Sie sagte anlässlich der Debatte im Rechtsauss­chuss: »Das Wechselmod­ell ist sehr voraussetz­ungsreich: Kindeswill­e, hohe Kommunikat­ions- und Kooperatio­nsfähigkei­t der Eltern, sichere Bindung des Kindes zu beiden Eltern.« Wenn das nicht gegeben ist, sollte dieses Lebensmode­ll laut Werner nicht gegen den Willen der Kinder oder Eltern aufgezwung­en werden. Sie und ihre Fraktion wollen stattdesse­n: »Familien in der Entscheidu­ngsfindung besser unterstütz­en und begleiten. Dazu sind unter anderem eine bessere Ausstattun­g der Jugendämte­r und mehr Mediatorin­nen und Mediatoren notwendig«, so Werner.

Zur Frage des Kindeswohl­s gab bereits 2010 eine Studie von Jennifer McIntosh Aufschluss. Die Auswirkung­en von Trennungsm­odellen hängen demnach auch vom Alter ab. Gerade jüngere Kinder im Alter bis vier Jahre können laut der Studie das häufige Wechseln durchaus als Stress erleben. Im Antrag der Linksfrakt­ion heißt es zudem: »Entscheide­nd ist die sichere Bindung des Kindes zu beiden Elternteil­en. Ist diese vor der Trennung nicht gegeben, ist eine Verbesseru­ng im Zuge des Wechselmod­ells unwahrsche­inlich.« Ein Termin für die zweite und dritte Lesung der Anträge, bei dem der Bundestag abstimmt, steht noch nicht fest.

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Foto: Timtoppik Für viele steht das Kindeswohl im Vordergrun­d. Um Mütter geht es in der Debatte seltener.

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