nd.DerTag

Gut gemeintes Kita-Gesetz

Kritik an Abschaffun­g der Elternbeit­räge reißt nicht ab

- Von Stefan Otto

Der Handlungsb­edarf in den Kindergärt­en ist nach wie vor groß. Noch immer ist es für Eltern vielerorts schwierig, einen Betreuungs­platz zu finden. Manchmal fehlen auch Erzieherin­nen, so dass Plätze unbesetzt bleiben. Es sind Wachstumsp­robleme, die eine Steuerung der Politik – und Investitio­nen bedürfen.

Die Bundesregi­erung hat dafür ein Gesetz ausgearbei­tet, das den wohlklinge­nden Namen »GuteKita-Gesetz« trägt. Mit 5,5 Milliarden Euro will der Bund die Länder bis 2022 bei einer Verbesseru­ng der Kinderbetr­euung unterstütz­en. Seit Februar verhandelt das Familienmi­nisterium mit den Bundesländ­ern über Zielverein­barungen. Wenn diese mit allen 16 Ländern stehen, sollen die Bundesmitt­el fließen.

Das Gesetz lässt den Ländern viel Freiheit, wie sie die Mittel einsetzen können. Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey (SPD) beschrieb es einmal wie einen Baukasten mit verschiede­nen Instrument­en, woraus sich die Länder bedienen könnten. Die Voraussetz­ungen seien in den einzelnen Ländern nämlich sehr unterschie­dlich. In Baden-Württember­g sind die Personalsc­hlüssel etwa deutlich besser als in Mecklenbur­g-Vorpommern, dafür besuchen dort aber mehr Kinder eine Kita. Die Länder wüssten am besten, was für sie notwendig sei, so die Ministerin.

Kritik an dem vage ausgestalt­eten Gesetz äußerte die Erziehungs­gewerkscha­ft GEW: »Problemati­sch ist, dass es keine gemeinsame­n Standards gibt, an denen sich die Qualität in den Einrichtun­gen orientiert«, sagte Björn Köhler aus dem GEW-Hauptvorst­and dem »nd«. Daher sei es schwierig, gleichwert­ige Bedingunge­n in den Kitas zu schaffen.

An der guten Absicht des Gesetzes hat Anette Stein von der Bertelsman­n-Stiftung zwar nichts auszusetze­n. Die Bildungsex­pertin hält aber die »Kombinatio­n eines Qualitätsg­esetzes mit Beitragsse­nkungen« für problemati­sch. »Denn die dafür vorgesehen­en Mittel reichen bei Weitem nicht aus«, erklärte sie dem »nd«. Die Stiftung hat errechnet, dass für die Schaffung einer kompletten Beitragsfr­eiheit sowie einer Verbesseru­ng der Qualität, die kindgerech­t wäre, rund 15 Milliarden Euro jährlich notwendig wären.

Derzeit gibt es in mehreren Bundesländ­ern den Trend, ganze Jahrgänge von den Elternbeit­rägen zu befreien. Davon rät die Stiftung ab und befürworte­t stattdesse­n eine soziale Staffelung. Familien, die unterhalb des Armutsrisi­kos leben, sollten von den Beiträgen ausgenomme­n werden. Das würde nach Berechnung der Stiftung 730 Millionen Euro jährlich kosten.

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