Puigdemont fordert Freispruch
Prozess gegen katalanische Politiker startet in Madrid
Mindestens die kommenden drei Monate richten sich viele Augen auf Spanien: Auf diesen Zeitraum ist der Prozess gegen zwölf führende Vertreter der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung angesetzt, der am Dienstag vor dem Obersten Gerichtshof in Madrid begonnen mit zehnminütiger Verspätung hat. Er wird live im Fernsehen übertragen. Neun der Angeklagten, darunter der einstige Vize-Regionalpräsident Oriol Junqueras, drohen wegen der versuchten Abspaltung ihrer Region von Spanien langjährige Haftstrafen wegen »Rebellion«. Die Angeklagten, von denen einige seit über einem Jahr in Untersuchungshaft sitzen und die alle Vorwürfe vehement zurückweisen, nahmen in dem überfüllten Gerichtssaal auf vier Bänken gegenüber der Richterbank Platz.
Hunderte Zeugen sollen gehört werden, unter ihnen Spaniens konservativer Ex-Ministerpräsident Mariano Rajoy. Zur Berichterstattung sind 600 Journalisten aus dem In- und Ausland akkreditiert. Mit einem Urteil wird nicht vor Juli gerechnet.
Dem früheren Regionalpräsidenten Carles Puigdemont, der von Madrid abgesetzt worden war, bleibt nach seiner Flucht ins Exil ein Prozess erspart. Er äußerte sich am Mittag bei einer Pressekonferenz in Berlin und forderte dort den Freispruch aller Angeklagten. Puigdemont sprach von einem politischen Prozess in Madrid und nannte den Ausgang des Verfahrens einen »Test« für die spanische Demokratie und den spanischen Rechtsstaat. »Die katalanische Frage zu lösen, geht nicht über die Justiz, über die Richter, über Polizisten«, sagte er weiter. Dies gehe nur über die Politik und über einen Dialog.
In Madrid versammelten sich am Dienstagmorgen führende katalanische Politiker zu einer Protestkundgebung, darunter Regionalpräsident Quim Torra, der im Prozess auf der Zuschauerbank saß. In Barcelona haben Unabhängigkeitsbefürworter für den Abend (n. Red.) zu Protesten aufgerufen. Das sogenannte Verteidigungskomitee der Republik (CDR) organisierte am Vormittag in Katalonien bereits mehrere Straßenblockaden, Aktivisten blockierten unter anderem die Autobahn A9 zwischen Girona und Barcelona.