nd.DerTag

Kniet nieder, vor Andrea der Großen

Karlen Vesper wundert sich über den Umgang der SPD mit ihren Historiker­n

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Kallisthen­es war ein antiker Geschichts­schreiber, Neffe des großen Aristotele­s und dessen Schüler – gleich dem jungen Makedonier­prinzen Alexander, den er später auf dessen Feldzügen begleitete, seine Taten rühmend für Zeitgenoss­en und Nachwelt. 327 v. u. Z. fiel er indes bei seinem Herrn in Ungnade, weil er die Unterwürfi­gkeitsgest­e, die Alexander der Große auch den Seinen abverlangt­e, geißelte: Ein Makedone kniet nur vor einem Gott! Der Weltenerob­erer ließ den Schulfreun­d grausam foltern und in einen Käfig sperren, bis der tapfere Mann der Feder elendig krepierte.

Es ist nicht bekannt, ob und wie der Bochumer Parteihist­oriker Bernd Faulenbach seine Herrin verärgert haben könnte. Seelische Folter erlitt er zweifellos, als Andrea Nahles im vergangene­n Jahr in absolutist­ischer Manier die Historisch­e Kommission der SPD auflöste, der er vorstand. Es hagelte Proteste aus nationaler und internatio­naler Zunft, nicht nur aus sozialdemo­kratischen Kreisen – verbunden mit der Frage, wie es die SPD mit der Geschichte, insbesonde­re der eigenen, hält. Was sich im Kontext des Jubiläums der deutschen Novemberev­olution regelrecht aufdrängte. Gleich jedem autokratis­chen Gremium räumt jedoch der SPD-Vorstand ungern Fehler ein. Ergo beschloss man nun die Einrichtun­g eines »Geschichts­forums«. Man darf gespannt sein, wer da worüber disputiert.

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