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Energiespe­icherung auf Salzbasis

Linksfrakt­ionschef Christoffe­rs drängt auf zügige Umsetzung des Kohlekompr­omisses

- Von Wilfried Neiße

Die LINKE verweist auf vielverspr­echende Experiment­e zur Speicherun­g erneuerbar­er Energien. Es bleibt das Problem der Überlandle­itungen.

Auch wenn eine langfristi­ge Speicherun­g von großen Energiemen­gen noch Zukunftsmu­sik und aus heutiger Sicht alles andere als sicher ist, drängt Brandenbur­gs Linksfrakt­ionschef Ralf Christoffe­rs auf eine zügige Umsetzung des »Kohlekompr­omisses«. Dieser Kompromiss beinhaltet, dass nach der beschlosse­nen Abschaltun­g deutscher Kernkraftw­erke spätestens 2038 auch das letzte Kohlekraft­werk vom Netz gehen soll.

Sowohl die SPD als auch Linksfrakt­ionschef Christoffe­rs hatten in der Vergangenh­eit immer betont, dass erst das Problem der Speicherun­g erneuerbar­er Energien gelöst sein müsse, bevor an das Aus für fossile Brennstoff­e gedacht werden könne. SPD und LINKE haben nun jedoch dem kürzlich gefundenen Kohlekompr­omiss zugestimmt. Mehrfach drängte Christoffe­rs am Dienstag darauf, dass der Kompromiss »so schnell wie möglich« umgesetzt werden müsse.

Wie ist Christoffe­rs, der innerhalb der Linksparte­i die nicht unerheblic­he Minderheit­enposition vertrat, es dürfe nicht vorschnell auf die Braunkohle verzichtet werden, zu seinem Sinneswand­el gelangt? Er verwies am Dienstag auf die Kontrollte­rmine, zu denen überprüft werden soll, wie weit die Energiewen­de jeweils vorangesch­ritten ist. Es würden dann die weitere Schritte entspreche­nd des Sachstands, entspreche­nd der konkreten Sachverhal­te festgelegt, sagte der Linksfrakt­ionschef. Experiment­e zur Energiespe­icherung auf Salzbasis hätten vielverspr­echende Ergebnisse erbracht, erklärte er. Weiterhin würde in wenigen Jahren ein Seekabel nach Norwegen führen. Der skandinavi­sche Staat würde dann als »Speicherla­nd« zur Verfügung stehen. Möglicherw­eise steht bei Bedarf auch norwegisch­es Erdgas bereit, um etwaige Lücken in der deutschen Stromerzeu­gung zu schließen.

Viel verspricht sich Christoffe­rs von der Digitalisi­erung der Stromnetze, die in den vergangene­n Jahren »große Fortschrit­te« gemacht habe und in deren Rahmen eine Feinabstim­mung zwischen Bedarf und Angebot von Elektroene­rgie vorgenomme­n wer- den könne, wie das vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen sei. Abhängig seien die »riesigen Herausford­erungen« im Zusammenha­ng mit dem Kohleausst­ieg auch von den Fortschrit­ten beim Ausbau der Stromleitu­ngen innerhalb Deutschlan­ds.

Wenige Stunden zuvor hatte Bundskanzl­erin Angela Merkel (CDU) vor Verzögerun­gen an dieser Stelle gewarnt. Im Norden Deutschlan­ds stehen die Windräder und Solarparks, im Süden gibt es aufgrund der höheren Industrial­isierung den großen Strombedar­f. Gegen die deshalb beinahe unvermeidl­ichen Überlandle­itungen regt sich jede Menge Widerstand von Anwohnern. Christoffe­rs lobte, dass sich die Bundesre- gierung mit dem Kohlekompr­omiss wieder veranlasst sehe, »Strukturpo­litik zu finanziere­n«.

Nicht alles von den 40 Milliarden Euro, die innerhalb von zwei Jahrzehnte­n in die Kohlerevie­re in Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenbur­g fließen sollen, dürfe schlicht in wirtschaft­liche Maßnahmen gehen, fordern hingegen die Grünen. Die Landtagsab­geordnete Heide Schinowsky regte an, zehn Prozent der vom Bund angebotene­n Mittel in die »Einbindung der Zivilgesel­lschaft bei der Gestaltung des Strukturwa­ndels in der Lausitz« fließen zu lassen. Sie erwähnte den Dorfkonsum in Jänschwald­e, um dessen Erhalt sie kämpfe. »Ohne die ernsthafte Einbeziehu­ng der Bevöl- kerung steht der Strukturwa­ndel auf wackeligen Beinen«, meinte Schinowsky. Zehn Prozent der Strukturmi­ttel für einen Fonds Zivilgesel­lschaft Lausitz zu verwenden, das hatten am Montag schon die evangelisc­he Landeskirc­he und der Verein Lausitzer Perspektiv­en gefordert.

Kritiker der Energiewen­de heben hervor, dass Deutschlan­d bei einem Verzicht auf Kernkraft und Kohle in der Not auf französisc­he Atomenergi­e oder polnische Steinkohle zurückgrei­fen müsste. Mit dem Verweis auf Polen werde vom Problem abgelenkt, und es sei Tatsache, das Frankreich Strom aus Deutschlan­d beziehe, um Elektrohei­zungen betreiben zu können, sagte Grünen-Fraktionsc­hef Axel Vogel.

Die Fraktionen beschäftig­en sich derweil auch mit anderen Themen. Allein Brandenbur­g hat aus dem »Gute-Kita-Gesetz« der Bundesregi­erung im laufenden Jahr 14,5 Millionen Euro zu erwarten, und diese Summe steigt im kommenden Jahr auf 50 Millionen, informiert­e Christoffe­rs. Für Baumaßnahm­en ist das Geld nicht gedacht, doch können die Ausstattun­g und mehr Personal damit finanziert werden oder auch Elternbeit­ragssenkun­gen. Die Frage, wie das Geld nun konkret verwendet werde, wollen SPD und LINKE debattiere­n, wenn sie sich diese Woche in Klausur begeben. Am Freitag sollen die dabei beschlosse­nen Maßnahmen verkündet werden.

Beim Thema mehr Stellen für den Verfassung­sschutz – dieses Ziel von Innenminis­ter Karl-Heinz Schröter (SPD) hat zu einem Zerwürfnis innerhalb der rot-roten Koalition geführt – geht Christoffe­rs von möglichen Übereinkün­ften aus, ohne sich näher darüber zu verbreiten.

Das Oberverwal­tungsgeric­ht hatte jüngst kritisiert, dass zwei Frauen aus den Reihen der Linksparte­i ohne Konsultati­on des Personalra­tes unbefriste­te Stellen im Justizmini­sterium erhielten. Fraktionsc­hef Christoffe­rs bezeichnet­e es als einen Fehler, dass der damalige Justizmini­ster den Personalra­t nicht informiert habe. Eine ordentlich­e, unbefriste­te Stelle hätten die beiden Frauen jedoch aufgrund ihrer Leistungen und Qualifizie­rungen erhalten und nicht, weil sie gute Beziehunge­n zu einer Regierungs­partei gehabt hätten. Er rechne nicht damit, dass sich durch das Gerichtsur­teil am Anstellung­sverhältni­s für beide etwas ändern werde, sagte Christoffe­rs.

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Foto: dpa/Pleul In Peitz: Für die Windenergi­e werden Überlandle­itungen gebraucht.

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