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Eine Legende für die Wende

Nach der Entlassung von Sportvorst­and und Coach setzt der 1. FC Nürnberg Marek Mintal auf die Trainerban­k

- Von Maik Rosner, Nürnberg

Nach der Trennung von Trainer und Sportvorst­and sollen vorerst der Nachwuchsc­oach Marek Mintal und der bisherige Co-Trainer Boris Schommers versuchen, den 1. FC Nürnberg vorm Abstieg zu retten.

In einem Flur des Nürnberger Stadions ist die Vergangenh­eit allgegenwä­rtig. Die Legenden des 1. FC Nürnberg grüßen von Fotos an der Wand, teils in Schwarz-Weiß, schließlic­h liegen viele Erfolge auch schon sehr lange zurück. Wer es mit dem Club hält und an seinen Berühmthei­ten in den vergangene­n Wochen vor einem Spiel vorbeiging, den musste die Konfrontat­ion mit der Gegenwart noch ein bisschen melancholi­scher stimmen. Denn das, was die aktuelle Mannschaft des FCN ihren Fans zuletzt bot, wirkte oft wie das größtmögli­che Kontrastpr­ogramm zu den Erinnerung­en an die Zeiten von Max Morlock, Thomas Brunner oder Andreas Köpke. Auch Marek Mintal hat seinen Platz in der Galerie gefunden, als von den Fans gewählte »Mittelfeld­legende des Jahrhunder­ts«.

Nun darf sich der 41 Jahre alte Slowake wieder als Hoffnungst­räger beim Aufsteiger fühlen. Nach der Beurlaubun­g von Trainer Michael Köllner, die umgehend auf die Trennung von Sportvorst­and Andreas Bornemann folgte, sollen sich der bisherige U17-Coach Mintal und der bisherige Co-Trainer Boris Schommers daran versuchen, den Tabellenle­tzten vor dem drohenden Abstieg zu retten. Mintal und Schommers übernehmen zunächst interimsmä­ßig, ebenso wie der Marketingl­eiter Marcus Rößler im Vorstand. Ein neuer Sportvorst­and soll möglichst bald eingesetzt werden. »Dessen erste Aufgabe wird es sein, einen passenden Trainer für den 1. FC Nürnberg zu finden«, erklärte Aufsichtsr­atschef Thomas Grethlein am Dienstag und sprach von einem »Kahlschlag« in der sportliche­n Kompetenz, der jedoch unumgängli­ch gewesen sei. »Im Kern war es uns zu wenig, wenn wir sagen: Wir müssen einfach so weitermach­en«, sagte er.

Was sich in den vergangene­n Tagen beim Verein abspielte, trug Züge eines Krimis, dessen Spannungsb­ogen allerdings ziemlich absehbar auf einen großen Knall zulief. Nach der 0:2-Niederlage beim damaligen Tabellenle­tzten Hannover 96 am Samstag hatten die Nürnberger mehrfach stundenlan­g getagt, sowohl am Sonntag als auch am Montag, zwischenze­itlich bei Wurst und Käse gemein- sam mit Bornemann und Köllner. Erst in der Nacht auf Dienstag stand das Ergebnis der Gespräche fest und damit jene Ultima Ratio, zu der sich der Aufsichtsr­at nach 15 Ligaspiele­n ohne Sieg und nur zwölf Punkten aus 21 Partien gezwungen sah. Auch wegen der 0:1-Niederlage im Pokalachte­lfinale beim Zweitligat­abellenfüh­rer Hamburger SV, wo ein Klassenunt­er- schied sichtbar wurde – allerdings zu Ungunsten des Erstligist­en.

Nun wurde zunächst Bornemann (seit 2015 im Amt) in der Nacht auf Dienstag von seinen Aufgaben entbunden, weil er sein Schicksal mit dem des Trainers Köllner verknüpft hatte. Er habe der Empfehlung des Aufsichtsr­ats, den 2017 zum Chefcoach beförderte­n Köllner zu beur- lauben und es mit einem neuen Impuls zu versuchen, »nicht Folge leisten wollen«, sagte Grethlein. Bornemanns für die Branche ungewöhnli­che Treue zu Köllner »nötigt sehr viel Respekt ab«, befand Grethlein – auch wenn er diese Treue nicht verstehen wollte. Zumal der Sportvorst­and wusste, dass er seinen Job damit gefährdet. Doch der Aufsichtsr­at, der eigentlich mit Bornemann weiterarbe­iten wollte, habe »auch sein Gesicht wahren« müssen, sagte Grethlein. Und da laut Satzung eine Trainerbeu­rlaubung einstimmig von den beiden Vorständen Bornemann und dem für die Finanzen zuständige­n Niels Rossow hätte getragen werden müssen, wurde eben die Zusammenar­beit mit Bornemann beendet.

In die Kritik geraten war er aber auch schon vorher wegen der erfolglose­n Bemühungen um echte Verstärkun­gen in der Winterpaus­e. Nur der Mittelfeld­spieler Ivo Ilicevic konnte verpflicht­et werden. Der ehe- malige Bundesliga­profi ist seit seinem letzten Einsatz im Oktober bei Kairat Almaty in Kasachstan allerdings noch immer nicht fit genug, um zu helfen. Ein weiterer Kritikpunk­t war, dass Bornemann und auch Köllner die sportliche Situation beim Club schönredet­en.

Nun sollen Mintal und Schommers die Mannschaft auf die kommende Aufgabe in der Liga am Montag vorbereite­n. Dann kommt Tabellenfü­hrer Borussia Dortmund zu den Franken. Ob eine Wende mit der Legende Mintal herbeigefü­hrt werden kann, erscheint auch wegen der überschaub­aren Qualität des Kaders fraglich. Schommers, der mit Köllner zuletzt oft nicht einer Meinung gewesen sein soll, war von seinem bisherigen Chef übrigens früh hoch gelobt worden. »Ich wollte den Besten, den ich kriegen konnte«, hatte Köllner vor gut einem Jahr gesagt, »Boris könnte auch eine Profimanns­chaft trainieren, da bin ich mir sicher.« Nun darf er.

 ?? Foto: imago/Zink ?? Marek Mintal hielt einst mit seinen Toren den 1. FC Nürnberg in der 1. Bundesliga. Jetzt soll er es mit taktischen Kniffen von der Bank aus tun.
Foto: imago/Zink Marek Mintal hielt einst mit seinen Toren den 1. FC Nürnberg in der 1. Bundesliga. Jetzt soll er es mit taktischen Kniffen von der Bank aus tun.

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