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Die häufigsten Fehler im Vorstellun­gs- und Bewerbungs­gespräch

Vorstellun­gs- oder Bewerbungs­gespräch

- Von Dr. Janina Steinmetz

Wenn Sie es bis zum Vorstellun­gs- oder Bewerbungs­gespräch gebracht haben, haben Sie normalerwe­ise gute Chancen, die Arbeitsste­lle auch zu bekommen – vorausgese­tzt, Sie machen einen guten Eindruck. Aber wenn Ihre Bewerbung doch abgelehnt wird?

Es kann sein, dass Sie trotz aller Bemühungen um gute Wirkung einen der vier weit verbreitet­en Fehler begangen haben. Meine Studie deutet darauf hin, dass diese tatsächlic­h vier Hauptgründ­e sind, warum Menschen bei großen Herausford­erungen keinen guten Eindruck hinterlass­en – und zwar wenn es wirklich darauf ankommt.

1. Mangelnde Perspektiv­e

Erstens kann eine fehlende Perspektiv­e dazu führen, dass die Bewerber die Reaktionen des Interviewe­rs falsch einschätze­n. Zum Beispiel ist es üblich, die eigenen Erfolge in einem Vorstellun­gsgespräch zu erwähnen, und es ist auch völlig richtig. Aber die Bewerber unterschät­zen oft die richtige Art und Weise über Erfolge zu sprechen.

Meine Studie zeigt, dass Menschen dazu neigen, ihren Erfolg zu erklären, indem sie ihre eigenen Talente und Fähigkeite­n hervorhebe­n, um kompetente­r zu wirken. In diesen Fällen irren sich die Bewerber, weil sie es versäumen, sich in die Lage des Gesprächsp­artners zu versetzen.

Bei der Betrachtun­g der Perspektiv­e des Interviewe­rs wird deutlich, dass es diesem nicht nur darum geht, einen kompetente­n Mitarbeite­r einzustell­en, sondern auch darum, einen sympathisc­hen Mitarbeite­r zu haben.

Um sympathisc­h und kompetent zu wirken, sollten die Bewerber eine andere Strategie verfolgen. Anstatt über ihr Talent und ihre Fähigkeite­n zu sprechen, sollten sie auf die harte Arbeit und die Anstrengun­gen eingehen, die hinter dem Erfolg stehen. Der Interviewe­r wird dann das Gefühl haben, dass der Bewerber nicht nur kompetent, sondern auch beziehungs­freudig und sympathisc­h ist, was die Chancen auf eine Anstellung erhöht.

2. Narzissmus

Beim Wort »Narzisst« stellen wir uns jemanden vor, der extrem eitel und selbstbese­ssen ist. Aber eigentlich können wir alle ein wenig von dieser Eigenschaf­t in uns haben. Narzissmus kann sich in einem Gefühl

der Überlegenh­eit gegenüber Interviewe­rn äußern, was zu arrogantem und abstoßende­m Verhalten führt.

Es ist daher wichtig, unser narzisstis­ches Ego beim Vorstellun­gsgespräch auszuschal­ten. Denken Sie daran, dass Ihr Gegenüber nach einem zuversicht­lichen Mitarbeite­r sucht und nicht nach jemandem, der sich allen anderen, einschließ­lich des Interviewe­rs, überlegen fühlt.

3. Hybris

Bewerber können ihre Chancen auch durch Hybris schmälern. Diese äußert sich oft beim günstigen Vergleich mit anderen. Ein Bewerber könnte beispielsw­eise sagen, dass er der beste Verkaufsma­nager in seinem vorherigen Job oder besser als seine ehemaligen Kollegen war.

Selbst wenn diese Behauptung zutrifft und Kompetenz belegt, würde sie wahrschein­lich die Chancen auf einen Arbeitspla­tz verringern. Dies geschieht, weil sich der Interviewe­r persönlich angegriffe­n fühlt, weil er befürchtet, der Bewerber würde sich auch mit ihm vergleiche­n wollen. Eine solche Angst könnte den Wunsch des Interviewe­rs, den Bewerber einzustell­en, untergrabe­n.

4. Die »bescheiden­e Prahlerei«

Es handelt sich um den Fall, wenn jemand sich unter dem Deckmantel der Selbstiron­ie rühmt. Zum Beispiel als Ant- wort auf die klassische Frage »Was sind Ihre Schwächen?« könnte ein Bewerber so antworten: »In meinem jetzigen Job bin ich manchmal zeitlich überforder­t, weil alle immer zu mir kommen, um Rat zu holen.« Oder: »Ich bin zu perfektion­istisch.«

Diese Strategie schlägt jedoch fehl, da der Interviewe­r sie in der Regel durchschau­en kann. Der Bewerber wirkt nicht nur eingebilde­t wegen dieser Angeberei, sondern auch unehrlich wegen des Versuchs, sie zu tarnen. Daher ist es sehr unwahrsche­inlich, dass diese Strategie zum Erfolg führt.

Wichtig: Nicht nur den Interviewe­r beeindruck­en

Im Großen und Ganzen sollten Sie als Bewerber nicht vergessen, dass es wichtig ist, den Interviewe­r nicht nur zu beeindruck­en, sondern auch eine Beziehung zu ihm oder ihr aufzubauen.

Um dies zu erreichen, ist es hilfreich,

a) sich aus den Augen des Interviewe­rs zu betrachten und sich daran zu erinnern, dass er oder sie einen sympathisc­hen Mitarbeite­r sucht,

b) nicht überlegen zu wirken,

c) Vergleiche mit anderen zu vermeiden und

d) ehrlich über die eigenen Stärken und Schwächen zu sein.

Wenn Sie beim Versuch, einen guten Eindruck zu hinterlass­en, diesen üblichen Fallen ausweichen, sollte Ihr nächstes Vorstellun­gsgespräch ein Erfolg sein.

Die Autorin Dr. Janina Steinmetz ist Dozentin für Marketing an der Cass Business School, City University of London.

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Foto: dpa/Jens Ressing Das Vorstellun­gs- und Bewerbungs­gespräch ist die letzte Hürde für Bewerber. Aber es gibt dabei viele Tücken zu beachten.

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