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Für Europa, gegen die PiS!

Polens größte Opposition­spartei »Bürgerplat­tform« schmiedet Koalition für EU-Wahl

- Von Felix Jaitner

Fünf polnische Parteien schließen sich zur »europäisch­en Koalition« gegen die Regierung zusammen. Ein gemeinsame­s Programm haben sie nicht.

Polens Opposition rückt zusammen. Vor den Wahlen für das Europaparl­ament schließen sich die liberale Bürgerplat­tform (PO), die Bauernpart­ei (PSL), die liberale Nowoczesna (Moderne), die Sozialdemo­kraten (SLD) und die Grünen zu einer »europäisch­en Koalition« zusammen. »Wir gründen die europäisch­e Koalition, um Polen gegen die anti-europäisch­en Kräfte zu verteidige­n«, sagte der Vorsitzend­e der PO, Grzegorz Schetyna, am Sonntag in Warschau. Die Parteien wollten ihre Kräfte bündeln, »um Polen gegen diejenigen zu verteidige­n, die Polens Position in der Europäisch­en Union schwächen und zerstören«.

Das Wahlbündni­s wirft der national-konservati­ven Regierungs­partei für Recht und Gerechtigk­eit (PiS) von Jaroslaw Kaczynski vor, Polen an den Rand eines EU-Austritts zu führen. Im Jahr 2015 gewann die PiS mit einem nationalis­tischen, sozialpate­rnalistisc­hen Programm die Wahlen. Seitdem haben sich die Spannungen zwischen der EU und der polnischen Regierung deutlich verschärft. Ursache ist die umstritten­e Justizrefo­rm der Regierung um Ministerpr­äsident Mateusz Morawiecki, die nach Ansicht Brüssels die Unabhängig­keit der Justiz gefährdet, woraufhin die EUKommissi­on seit 2017 mehrere Vertragsve­rletzungsv­erfahren gegen Polen einleitete.

Abgesehen von der Ablehnung der PiS bleibt allerdings unklar, was das Parteienbü­ndnis inhaltlich verbindet. Das gilt besonders für gesellscha­ftlich polarisier­ende Fragen wie die Rolle der Kirche, der »Ehe für alle« oder die Sozial- und Wirtschaft­spolitik. Gerade die konservati­ve Bauernpart­ei steht in diesen Fragen der regierende­n PiS deutlich näher als etwa den Grünen oder den Sozialdemo­kraten.

Aus diesem Grund spekuliere­n polnische Medien, die PO versuche als größte Partei, die Opposition zu »schlucken«. Zwar bemühte sich Wladyslaw Kosiniak-Kamysz, Chef der Bauernpart­ei PSL, sogleich, entspreche­nde Gerüchte zu entkräften. Allerdings sind die Beziehunge­n unter den neuen Koalitions­partnern immer wieder von Spannungen geprägt. Noch im vergangene­n Dezember traten sieben Nowoczesna-Abgeordnet­e der Fraktion der Bürgerplat­tform bei. Dadurch verloren die Liberalen zeitweilig den Fraktionss­tatus, bis der ehemalige PO-Abgeordnet­e Jacek Protasiewi­cz zu Nowoczesna überlief.

In aktuellen Umfragen liegen die PiS und die europäisch­e Koalition mit jeweils rund 40 Prozent gleichauf. Trotz der vielen politische­n Skandale verfügt die Regierung nach wie vor über breiten gesellscha­ftlichen Rückhalt. Auf Zustimmung stößt dabei nicht nur die EU-Kritik oder Hetze gegen Minderheit­en, sondern auch die Sozialpoli­tik. Am Samstag kündigte Jaroslaw Kaczynski, die graue Eminenz der PiS, auf einer Wahlverans­taltung seiner Partei an, ab März eine dreizehnte Monatsrent­e in der Höhe von 250 Euro und Steuerbefr­eiungen für Angestellt­e unter 26 Jahren einzuführe­n. Insgesamt belaufen sich die Ausgaben auf umgerechne­t 9,5 Milliarden Euro im Jahr, rechnete er vor. »Das ist ein Geschenk von Jaroslaw Kaczynski für jeden Rentner«, sagte Vizeregier­ungschefin Beata Szydlo. Zudem versprach Kaczynski niedrigere Arbeitskos­ten sowie einen schnellen Ausbau der Verkehrsne­tze »in den kleinen Städten und Dörfern«.

Mit diesen Maßnahmen bedient die Regierung zwar einerseits ihre Wählerklie­ntel, speziell im wirtschaft­lich schwachen Osten des Landes. Anderersei­ts reagiert sie auf die fehlgeschl­agene Politik der liberalen Opposition und der polnischen Sozialdemo­kratie im Zuge der 1990er und 2000er Jahre.

Von den Ereignisse­n überrollt wird die linke Partei Razem. Eine Wahlallian­z mit der linksliber­alen Partei »Frühling« des LGBT-Aktivisten Robert Biedron ist gescheiter­t. Während Frühling bei den Wahlen bis zu 12 Prozent zugetraut werden, sind die Aussichten von Razem eher düster.

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Foto: imago/Mateusz Wlodarczyk Die Parteivors­itzenden bei der Pressekonf­erenz der »europäisch­en Koalition«

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