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Ein Henker für Sri Lanka

Präsident Sirisena regiert zum Ende der Legislatur­periode zunehmend autoritär, nun will er erstmals seit über 40 Jahren die Todesstraf­e wieder vollstreck­en lassen

- Von Vina Thiru, Colombo

Zu Beginn seiner Amtszeit galt Sirisena als Hoffnungst­räger, doch der Alltag vieler ethnischer Minderheit­en ist immer noch von Überwachun­g und Repression geprägt.

An diesem Dienstag läuft die Bewerbungs­frist aus, die in- und außerhalb Sri Lankas für Aufruhr sorgte: eine »männliche«, »moralische« Person wird gesucht, um als Henker die Todesstraf­e wieder zu vollstreck­en. Anlass sei die enorme Drogenkrim­inalität, die sich im Land ausbreite seit Ende des Bürgerkrie­ges zwischen ta- milischen Separatist*innen und singhalesi­scher Regierung. Inspiriert durch ein Treffen mit dem philippini­schen Präsidente­n Rodrigo Duterte – bekannt für seinen brutalen Drogenkrie­g – verkündet der sri-lankische Präsident Maithripal­a Sirisena, er wolle das Drogenprob­lem auf ähnliche Weise lösen. Menschenre­chtsaktivi­st*innen befürchten, dass der Kampf gegen Drogen nur ein Vorwand ist, um die Todesstraf­e erst einmal durchzuset­zen und später anderweiti­g zu nutzen.

Über 40 Jahre ist der letzte Vollzug der Todesstraf­e her und seither unternahme­n bereits einige Präsident*innen den Versuch einer Wiedereinf­ührung. Dass aber ausgerechn­et Sirisena, der bei seiner Wahl 2015 als Hoffnungst­räger liberaler und anti-autoritäre­r Regierungs­führung galt, nun einen Henker sucht, scheint zunächst verwunderl­ich.

Wenn man jedoch das politische Geschehen der letzten Monate verfolgt, ist das kaum erstaunlic­h: spätestens seit der Staatskris­e Ende letzten Jahres, bei der Sirisena den Regierungs­chef Ranil Wickremesi­nghe durch den diktatoris­chen Ex-Präsidente­n Mahinda Rajapaksa zu ersetzen versuchte, haben weite Teile der Zivilgesel­lschaft ihr Vertrauen in den Präsidente­n verloren. Der anti-demokratis­che Putschvers­uch war erfolglos, aber seine Symbolik bleibt: Wenn es nach Sirisena geht, gibt es in Sri Lanka nun wieder Raum für singhalesi­sch-nationalis­tischen Autoritari­smus. Seiner Abkehr vom eigens propagiert­en »Good Governance«, dem Prinzip der guten Regierungs­führung, wird zunehmend sichtbar.

Im von ethnischen Minderheit­en bewohnten Norden und Osten des Landes erfahren Lokalbevöl­kerung und Aktivist*innen Überwachun­g und Repression durch Militär und Polizei. Hier ist der Alltag nach wie vor von starker Militärprä­senz geprägt, für Tamil*innen scheint Versöhnung fern. Aktivist*innen, Journalist*innen und Betroffene wie die seit zwei Jahren protestier­enden Mütter und Ehefrauen verschwund­ener Personen berichten wiederholt von Einschücht­erungen im Kampf um Rechte und Aufarbeitu­ng. Die im März bevorstehe­nde UN-Resolution für Sri Lanka, für die aktuell zivilgesel­lschaftlic­he Anhörungen stattfinde­n, sowie die noch dieses Jahr anstehende­n Präsidents­chaftswahl­en sind möglicherw­eise Gründe für den Wandel Sirisenas und die Repression­sversuche von Seiten des Militärs.

»Lasst uns Vergangene­s vergessen und nach vorne blicken.«

Ranil Wickremesi­nghe, Premiermin­ister

Und trotzdem: Die ganze Nordprovin­z streikte am Montag in Solidaritä­t mit den Familien verschwund­ener Personen, die nach zwei Jahren kontinuier­lichen Straßenpro­test noch keine Antworten haben. Geschäfte blieben geschlosse­n, der öffentlich­e Verkehr wurde gestoppt. Entspreche­nd löste die kürzlich getätigte Aussage des Premiermin­isters Wickremesi­nghe »wir sind alle betroffen. Lasst uns Vergangene­s vergessen und nach vorne blicken« Empörung bei den Minderheit­en aus. Die meisten der größtentei­ls vor dem UN-Menschenre­chtsrat 2015 getroffen Vereinbaru­ngen der Regierung bleiben bis heute aus: Aufarbeitu­ng von Kriegsverb­rechen, eine neue Verfassung, Reparation­en … Die Regierung, die anfangs Hoffnungen geweckt hat, hat ihre Chance auf Versöhnung so gut wie vertan. Nun bleibt es daran, den Friedenspr­ozess nach fast zehn Jahren Kriegsende weiterhin auf zivilgesel­lschaftlic­her Ebene voranzubri­ngen.

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Treffen mit Jakob Strittmatt­er in Schulzenho­f Besichtigu­ng des Hauses der Strittmatt­ers und der Grabstätte Buchlesung durch Frau Dr. Irmtraud Gutschke über die Strittmatt­ers mit Kaffee und Kuchen im Restaurant ZUM B ??
Besuch und Führung Museum in Neuruppin Treffen mit Jakob Strittmatt­er in Schulzenho­f Besichtigu­ng des Hauses der Strittmatt­ers und der Grabstätte Buchlesung durch Frau Dr. Irmtraud Gutschke über die Strittmatt­ers mit Kaffee und Kuchen im Restaurant ZUM B

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