nd.DerTag

Maulkorb für Zivilgesel­lschaft

Sebastian Bähr über das Gerichtsur­teil zur Gemeinnütz­igkeit von Attac

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Das globalisie­rungskriti­sche Netzwerk Attac muss nach einem Urteil des höchsten deutschen Finanzgeri­chts mit der endgültige­n Aberkennun­g seiner Gemeinnütz­igkeit rechnen. Der Vorwurf: Die Organisati­on habe tagespolit­ische Forderunge­n aufgestell­t und mit Kampagnen versucht, die politische Meinungsbi­ldung zu beeinfluss­en. Sie sei also zu politisch gewesen und habe sich in Themen eingemisch­t, die vom Gesetz nicht als »gemeinnütz­ige Zwecke« anerkannt werden. Das sind bisher gerade mal 25. Während die Förderung von Schach und Denkmalpfl­ege unterstütz­enswert ist, sollen es Aufklärung und das Führen von öffentlich­en Debatten – über beispielsw­eise soziale Ungerechti­gkeit – anscheinen­d nicht sein.

Offensicht­lich betrifft das Urteil nicht nur die Arbeit von Attac. Sollte es Bestand haben, könnten mit der Argumentat­ion des Gerichts Finanzämte­r gegen Hunderte unliebsame Nichtregie­rungsorgan­isationen vorgehen. Über das Steuergese­tz wäre es möglich, ihnen jederzeit die Finanzieru­ng zu entziehen. Daneben ist der Richterspr­uch ein Maulkorb. Jeder gemeinnütz­ige Verein wird sich fortan zweimal überlegen, wie stark er sich öffentlich äußert. Für die Demokratie ist das fatal. Sie braucht die kritischen Stimmen der Zivilgesel­lschaft, um zu funktionie­ren. Das Steuerrech­t und auch Gerichte sollten diese Erkenntnis fördern und nicht bekämpfen.

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