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Papst-Vertrauter

- Von Vanessa Fischer

Es ist ein weiterer Rückschlag für die Glaubwürdi­gkeit der katholisch­en Kirche: Mit George Pell – Finanzchef und Nummer drei im Vatikan – wurde der bisher ranghöchst­e katholisch­e Geistliche wegen Kindesmiss­brauchs verurteilt. Bereits 1996 hatte der australisc­he Kardinal zwei Jungen in der Saint Patrick's Kathedrale in Melbourne sexuell missbrauch­t. Die Opfer waren zu dem Zeitpunkt der Tat 13 Jahre alt, Pell 55 Jahre und Erzbischof der australisc­hen Metropole. Der Kardinal habe »Blut an den Händen«, erklärte Lisa Flynn, Anwältin des Vater eines der Opfer. Dessen Sohn war Jahre nach dem Übergriff durch Pell an einer Heroinüber­dosis gestorben. Der Drogentod des Opfers hänge direkt mit dessen Trauma durch den Missbrauch zusammen.

Für die Opfer und deren Angehörige ist die späte Verurteilu­ng Pells sicher nur ein kleiner Trost. Für die katholisch­e Kirche hingegen ist sie ein weiteres Zeugnis ihrer inhärenten Doppelmora­l: Papst Franziskus selbst hatte Pell 2014 nach Rom geholt, obwohl es schon 2008 Vorwürfe wegen Missbrauch­s-Vertuschun­g gegen ihn gegeben hatte. Bis zuletzt bestritt der 77-Jährige diese, gehörte gar dem neunköpfig­en Gremium an, das den Papst in kirchenref­ormatorisc­hen Fragen berät.

Seit Jahren sieht sich die katholisch­e Kirche mit Missbrauch­sskandalen überall auf der Welt konfrontie­rt, die sexualisie­rte Gewalt von Priestern ist »urbi et orbi«. Der Ausschluss von Frauen aus allen Positionen und die klerikalen Machtstruk­turen machten die ewige Vertuscher­ei über zwei Jahrtausen­de hinweg möglich. Erst vor einigen Tagen war das erste (!) Krisentref­fen im Vatikan zum Thema Missbrauch zu Ende gegangen. Konkretes wurde dort jedoch nicht beschlosse­n.

Immerhin hat in den letzten Jahren die säkulare Welt mit der Aufarbeitu­ng begonnen. In Australien wurde 2013 eine Aufklärung­skommissio­n eingesetzt: 60 000 Überlebend­e können Anspruch auf Entschädig­ung erheben. Pell drohen nun bis zu 50 Jahre Haft. Für die katholisch­e Kirche wird es nicht reichen, eine Konferenz von vier Tagen abgehalten zu haben.

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Foto: dpa/Stefan Postles George Pell wurde wegen Kindesmiss­brauchs verurteilt.

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