Transportstopp für Zuchtrinder
Bayern und Schleswig-Holstein verbieten Exporte in Länder außerhalb der EU
Veterinärämter aus Bayern und Schleswig-Holstein haben den Export von Zuchtrindern in mehrere Länder außerhalb der EU vorerst untersagt. Der Ausfuhrstopp greift trotzdem nur bedingt.
Kiels Landwirtschaftsministerium hat vorerst mit einem Erlass alle Drittländerausfuhren verboten. Es geht um den Vorwurf von Tierquälerei beim Transport und die rechtliche Unsicherheit, als beteiligte Genehmigungsbehörde womöglich Beihilfe zu einem Gesetzesverstoß zu leisten.
Der landwirtschaftliche Handel praktiziert solche Ausfuhren seit Jahrzehnten. Aber in den vergangenen Jahren haben Berichte über die widrigen Transportbedingungen Tierschützer alarmiert. Besonders der Dokumentarfilmer Manfred Karremann hat seit 1989 mit seinen Beiträgen immer wieder auf Missstände hingewiesen. Die Tierrechtsorganisation Pro Vieh spricht davon, dass bei Langstreckentransporten Hygienedefizite, Futter- und Wassermangel an der Tagesordnung seien.
Nun sollen die Zustände auf den Prüfstand kommen, denn nach Genehmigungsverweigerungen durch die bayerischen Veterinärämter wie etwa in Passau, Freyung-Grafenau, Unterallgäu, Aschaffenburg und Landshut hatten auch einzelne Kreise im nördlichsten Bundesland reagiert und einen vorläufigen Stopp der Tiertransporte angeordnet. Um den Veterinärämtern aber ein einheitliches Vorgehen zu ermöglichen, hat das Ministerium in Kiel am Montag ein auf vier Wochen begrenztes landesweites Transportmoratorium beschlossen. Die Fahrten in Richtung Südosteuropa, Naher Osten, Nordafrika oder Asien starten im Norden zentral von einem Sammelplatz im Kreis Rendsburg-Eckernför- de, betrieben von der Genossenschaft Rinderzucht Schleswig-Holstein (RSH). Von dort wird noch einmal betont, dass die Tiere ausschließlich für Zuchtzwecke auf die Reise geschickt werden und nicht als Schlachtvieh. Immer wieder war zuletzt nämlich die Rede davon, dass besagte Rinder in Schlachthöfen landen, in denen mit viel Tierleid verbundene Schlachtmethoden angewendet werden.
Der Bauernverband SchleswigHolstein kritisiert den Vorstoß aus dem Ministerium. Der Rinderzuchtverband hat den Kreis Steinburg verklagt, einen Transport von Zucht- rindern mit Zielland Marokko zu genehmigen, weil alle tierrechtlichen Bestimmungen eingehalten würden. Das Verwaltungsgericht Schleswig will bereits am Mittwoch eine Entscheidung treffen.
Unter das Verbot seitens einzelner schleswig-holsteinischer Kreisbehörden fielen insgesamt 14 Zielländer: Türkei, Jemen, Libanon, Syrien, Jordanien, Marokko, Algerien, Ägypten, Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan. Bilder untermauern die Vorwürfe der Tierwohlgefährdung. Verdurstete Rinder auf dem Transportlaster sind nur ein Beispiel. Es gibt keine Kontrollen im Sinne des gesetzlichen Tierschutzes mehr, sobald die Rin- der die EU-Außengrenze hinter sich gelassen haben.
Die fünf für den Kreis Rendsburg-Eckernförde tätigen Amtstierärzte begründeten ihr Transport-Veto damit, dass sie die Praxis von teils deutlich über 3000 Kilometer weiten Fahrten nicht länger mit ihrem Gewissen vereinbaren konnten. Sie verweisen auf eine ungenügende Rechtslage und verlangen Klarheit vom Kieler Landwirtschaftsministerium. Doch eigentlich bedarf es einer bundesweiten, wenn nicht gar EU-weiten Regelung. RSH hatte der Kreisbehörde zugesichert, zunächst keine juristischen Schritte gegen den Exportstopp einzuleiten. Auch hat man längst ein Schlupfloch gefunden, den Ausfuhrstopp zu umgehen. Schleswig-holsteinische Zuchtrinder starten ihre Reise in ein Verbotsland ab Niedersachsen. Der Binnentransport über die Elbe ist behördlich nicht zu untersagen. Rinder über Sammelstellen außerhalb des Landes zu exportieren, sei bereits gängige Praxis, wird vom RSH eingeräumt.
Helga Leydag von der Initiative »Mensch – Fair – Tier« begrüßt das behördliche Einschreiten. Sie zweifelt aber grundsätzlich die Notwendigkeit weiter Transporte für Zuchtzwecke an. Sie fragt sich, warum man den Tieren die Reisestrapazen zumutet, wenn auch Tiersamen verschickt werden können. Dies meint auch Holger Vogel, Präsident des Bundesverbandes der beamteten Tierärzte e. V. aus Greifswald. Schleswig-Holstein drängt auf eine schnelle bundeseinheitliche Lösung. Am Freitag blieb ein Bund-LänderTreffen der Agrarminister zu dem Punkt ergebnislos. Im März soll ein zweiter Anlauf unternommen werden, um das Thema bis zur nächsten turnusmäßigen Agrarministerkonferenz im April in Landau/Pfalz möglichst geklärt zu haben.
Tierärzte begründen ihr Transport-Veto damit, dass sie teilweise deutlich über 3000 Kilometer weite Fahrten nicht länger mit ihrem Gewissen vereinbaren können.