Reformen und ein neuer Präsident
Welt-Antidoping-Agentur kämpft um Vertrauen
Die Welt-Antidoping-Agentur ist durch den russischen Dopingskandal in eine tiefe Krise gerutscht. Mit einem neuen Präsidenten und Reformen sollen verlorene Glaubwürdigkeit zurückgewonnen und Zweifel an der Unabhängigkeit beseitigt werden. Kann dies mit einem WADA-Chef gelingen, der von den Geldgebern aus der Politik gewählt wird, und mit einer strukturellen Neuausrichtung, die Kritiker höchstens als Reförmchen ansehen? Viel wird davon abhängen, wie unabhängig der Nachfolger des Amtsinhabers Craig Reedie die WADA führen wird. Der Europarat wählt an diesem Mittwoch in Luxemburg den europäischen Präsidentschaftsandidaten. Bewerber sind die Norwegerin Linda Helleland, Witold Banka aus Polen und der Belgier Philippe Muyters. Der amerikanische Kontinent schickt den früheren Langstreckenschwimmer Marcos Diaz aus der Dominikanischen Republik ins Rennen, weitere Kandidaturen bis zur Wahl im November in Katowice sind noch möglich.
»Uns ist vor allem wichtig, dass der neue Präsident oder die neue Präsidentin eine klare und harte Linie vertritt, diese mit seinem Team auch jeweils zeitnah und
»Ein unabhängiger Präsident wäre wünschenswert, ist aber eben nur sehr schwer machbar.«
DOSB-Präsident Alfons Hörmann zur WADA-Wahl
konsequent umsetzt und unabhängig agiert«, nannte DOSB-Präsident Alfons Hörmann die Kriterien des Deutschen Olympischen Sportbundes für den künftigen WADA-Chef. Hart ins Gericht geht er mit Sir Craig Reedie, der seit Januar 2014 Präsident der Agentur in Montreal ist und für sein umstrittenes Management der Causa Russland stark kritisiert wird. »Gerade solche Krisen wären eine gute Chance, das Vertrauen in eine weltweite Organisation zu stärken, wenn dort professionell agiert wird«, sagte Hörmann. Dies sei Reedie nicht gelungen.
Auch die Vorstandsvorsitzende der Nationalen Antidoping-Agentur NADA bilanziert die Reedie-Ära negativ. »Bei so einem großen Dopingskandal hat sich gezeigt, wie wichtig die Unabhängigkeit für die WADA ist«, sagte Andrea Gotzmann. »Ich bewerte die Amtszeit von Reedie als »unglücklich«. Zahlreiche Athleten, die für den sauberen Sport stehen, hätten »ihn nicht an ihrer Seite« gesehen.
Nicht ganz zufrieden ist sie mit den Veränderungen der Organisations- und Führungsstrukturen, um die sie in einer WADA-Arbeitsgruppe mit gerungen hat. »Was wir sehen, sind die Interessenskonflikte, weil sich der Sport selbst reguliert«, sagte Gotzmann. »Es wird Änderungen geben, aber nicht in dem Umfang, wie ich es mir gewünscht hätte.« Zu den Neuerungen gehört, dass im WADA-Exekutivkomitee zu dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten, den jeweils fünf Mitgliedern aus Sport und Politik zwei unabhängige Experten mit vollem Stimmrecht hinzukommen. Zukünftig wird es auch eine unabhängige Ethikkommission und ein Nominierungskomitee geben, das Anwärter für die Kommissionen überprüfen soll.
Eine ganz wichtige Forderung, einen unabhängigen Experten und eben keinen Interessenvertreter aus Sport oder Politik an die Spitze der WADA zu stellen, wurde nicht erfüllt. »Ein unabhängiger Präsident wäre wünschenswert, ist aber eben nur sehr schwer machbar«, sagte Hörmann.