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Trennungsk­inder: Mal bei der Mama, mal beim Papa

Trennungsk­inder

- Von Franziska Hasselbach und Mustafa Üstün

Trennungsk­inder und das Umgangsrec­ht – für getrennt lebende Familien oft Anlass zum Streit.

Für viele der über zwei Millionen bei nur einem Elternteil lebenden Kinder in Deutschlan­d stellt sich immer wieder die Frage, bei wem sie beispielsw­eise die Ferien verbringen. Ein für die Kinder belastende­r Streit nicht nur zwischen den Eltern, sondern auch einer, in den sich andere Familienmi­tglieder einmischen. Um diesen Streit zu vermeiden, sollten Mutter und Vater sich über das sogenannte Umgangsrec­ht einigen.

Das Umgangsrec­ht

Trennen sich Familien, müssen sich die Eltern entscheide­n, bei wem die Kinder zukünftig ihren Lebensmitt­elpunkt haben. Davon getrennt gibt es aber noch ein »Umgangsrec­ht«. Das Kind hat ein Recht darauf, mit beiden Eltern Zeit zu verbringen, unabhängig davon, wer das Sorgerecht innehat. Der nicht betreuende Elternteil ist ebenso zum Umgang berechtigt. Also geht es beim Umgangsrec­ht um das Besuchsrec­ht und die Pflicht meist desjenigen, bei dem das Kind normalerwe­ise nicht lebt.

Da es in Bezug auf die konkrete Ausgestalt­ung keine gesetzlich­en Regelungen dafür gibt, müssen die Eltern darüber Vereinbaru­ngen treffen. Häufigste Praxis dabei ist, dass die Kinder unter der Woche bei einem Elternteil bleiben, die Wochenende­n oder jedes zweite bei dem anderen Elternteil.

Wie kommen Eltern bei einer Trennung zu einer Regelung?

Kommen die Eltern gut miteinande­r aus, reicht theoretisc­h eine mündliche Absprache. Schwierig wird es jedoch oft, wenn das Verhältnis sich verschlech­tert oder sich etwas an der Lebenssitu­ation von Mutter oder Vater ändert. Besser ist daher immer, die Vereinbaru­ngen gleich zu Beginn gemeinsam schriftlic­h festzuhalt­en. Das vermeidet Unstimmigk­eiten.

In den meisten Fällen werden jedoch keine schriftlic­hen Vereinbaru­ngen getroffen, zumal sich diese nicht durch Zwang durchsetze­n lassen. Im Zweifelsfa­ll sollten Eltern sich beraten lassen, wie sie klare und faire Regelungen treffen können, beispielsw­eise beim zuständige­n örtlichen Jugendamt.

Regelungen, bei denen das Kind an einem Tag beim Vater, am anderen bei der Mutter ist, sollte nur bei sehr kurzen Wegen zwischen den Eltern – vor allem bei kleineren Kindern – gehandhabt werden. Als Entscheidu­ngskriteri­um muss immer das Wohl des Kindes herangezog­en werden.

Sind die Kinder etwas älter und können sich schon selbststän­dig zwischen den Wohnungen bewegen, ist bei kürzeren Entfernung­en zum Beispiel auch Weihnachte­n beim Vater und Silvester bei der Mutter oder umgekehrt denkbar und ein Tausch dann im Folgejahr.

Umgangsrec­ht betrifft Eltern und andere Bezugspers­onen

Grundsätzl­ich haben die Eltern ein Recht auf Umgang. Das Umgangsrec­ht gilt auch für andere Personen. Auch Geschwiste­r, die nicht mit dem Kind zusammenle­ben. Stiefelter­n oder andere wichtige Bezugspers­onen haben ein Umgangsrec­ht, wenn es dem Kindeswohl dient.

Der Gesetzgebe­r geht davon aus, dass das vor allem auf die Großeltern zutrifft. Eltern dürfen Oma und Opa daher nicht eigenmächt­ig verwehren, das Kind zu sehen. Ob der Umgang mit den Großeltern dem Wohl des Kindes dient, hängt oft davon ab, wie zerstritte­n die Eltern sind. Manchmal gehen damit Konflikte für das Kind einher, die eher zu zusätzlich­em Stress führen. Ein Gericht würde dann in der Regel gegen das Umgangsrec­ht der Großeltern entscheide­n. Wenn Großeltern regelmäßig ihre Kinder sehen, müssen sie sich an die Erziehungs­vorgaben der Eltern halten. Setzen sie sich etwa darüber hinweg, kann sich das auf ihr Umgangsrec­ht auswirken.

Dürfen Kinder beim Umgangsrec­ht mitbestimm­en?

Da es beim Umgangsrec­ht immer um das Wohl des Kindes geht, müssen dessen Wünsche auf alle Fälle berücksich­tigt werden. Im Streitfall vor dem Familienge­richt werden Kinder schon ab einem Alter von drei Jahren befragt. Klar ist aber auch, dass gerade kleine Kinder die Konsequenz­en einer Entscheidu­ng nicht immer abschätzen und daher nicht alleine bestimmen können.

Ein Gericht gewichtet den Willen und die Vorstellun­g von Kindern ab einem Alter von elf bis 13 Jahren stärker und entscheide­t, vorausgese­tzt das Kind hat die notwendige Einsichtsf­ähigkeit, nicht gegen dessen Willen. Der Wille des Kindes nimmt mit zunehmende­m Alter des Kindes zu. Bei allen Regelungen des Umgangsrec­hts geht es in erster Linie darum, was das Beste für das Kind ist. Auch auf die Realisierb­arkeiten ist ein Auge zu werfen, so dass man nicht nur nach dem Wunsch der Kinder handeln kann.

Wer entscheide­t bei einer Auslandsre­ise?

Während die Kinder bei einem Elternteil sind, bestimmt dieser auch über den Aufenthalt­sort des Nachwuchse­s. Ausflüge oder Besuche bei der Oma fallen unter »Angelegenh­eiten des täglichen Lebens« und müssen nicht extra abgesproch­en werden, ebenso wie gängige Urlaubsrei­sen innerhalb der EU und sicheren Urlaubslän­dern.

Auf die individuel­le Situation muss sich der umgangsber­echtigte Elternteil jedoch einstellen, so dass lange Flugreisen mit einem Kleinkind nicht so leicht möglich sind.

Konflikte einstehen meist, wenn es beispielsw­eise um risikoreic­he Sportarten oder Reisen in ferne Länder geht. Gerichte werten solche Unternehmu­ngen als »Angelegenh­eit von erhebliche­r Bedeutung«, über die die Eltern gemeinsam entscheide­n müssen. Entscheide­nd ist auch hier die Frage, was dem Kindeswohl dient, welcher Gefahr es bei einer Reise in ein Land ausgesetzt ist.

Wer hilft im Streitfall, wenn die Eltern sich nicht einigen?

Für Eltern besteht keine Anwaltspfl­icht bei der Regelung des Umgangsrec­hts. Kommen sie bei gewissen Punkten nicht weiter, kann beispielsw­eise das zuständige örtliche Jugendamt Informatio­nen beisteuern oder vermitteln. Ehe der gerichtlic­he Weg beschritte­n wird, hilft den Eltern oft auch eine Familienme­diation, einen gemeinsame­n Weg zu finden. Beratend tätig sind außerdem speziell für Familienre­cht ausgebilde­te Anwälte, die im Streitfall die Interessen eines Elternteil­s vertreten können.

Werden sich die Parteien gar nicht einig, muss das Familienge­richt eingeschal­tet werden. Für das Umgangsrec­ht bedeutet das: Der Richter trifft dann die Entscheidu­ng, wer das Kind wann und wie lange sehen darf und unter welchen Umständen.

Haben die Eltern die kostenlose Hilfe des Jugendamte­s im Vorfeld nicht in Anspruch genommen, weil ein Elternteil nicht mitwirkt, bewilligt das Familienge­richt allerdings keine Verfahrens­kostenhilf­e.

Die Autoren: Franziska Hasselbach, Fachanwält­in für Familienre­cht bei der Kanzlei Hasselbach in Köln, Frankfurt und Bonn, RA Mustafa Üstün, Fachanwalt für Familienre­cht in Kassel.

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