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Rücktritt abgelehnt

- Von Oliver Eberhardt

Irans Präsident Ruhani hat ein Rücktritts­gesuch seines Außenminis­ters Zarif abgelehnt. Eine Parlaments­mehrheit hatte dessen Verbleib im Amt gefordert.

Am Mittwoch erschien Mohammad Dschawad Zarif wie üblich zur Arbeit: Zusammen mit Präsident Hassan Ruhani begrüßte er den armenische­n Ministerpr­äsidenten Nikol Paschinjan in Teheran, während in der Öffentlich­keit weiter spekuliert wurde.

Mitten in der Nacht hatte Zarif am Montag im sozialen Netzwerk Instagram seinen Rücktritt erklärt. Dass sich ein Regierungs­politiker direkt und ungefilter­t an die Öffentlich­keit wendet, ist so ungewöhnli­ch, dass allgemein von einem Hack ausgegange­n wurde, bis die staatliche Nachrichte­nagentur Irna den Rücktritt in den Morgenstun­den bestätigte.

US-Außenminis­ter Mike Pompeo hatte da bereits Zarif und Ruhani als »Strohmänne­r einer religiösen Mafia« bezeichnet, und Israels Regierungs­chef Benjamin Netanjahu auf Englisch »Auf Nimmerwied­ersehen« getwittert, während sich vor allem in der Europäisch­en Union Diplomaten und Politiker besorgt äußerten. Zarif ist nicht nur einer der Architekte­n des

Zarif ist ein Kritiker der militärisc­hen Beteiligun­g der Revolution­sgarden an den Konflikten in Syrien und in Jemen.

Atomabkomm­ens, sondern auch derjenige, der das Abkommen und die Öffnung nach außen auch nach der Wiedereinf­ührung der USSanktion­en weiter verteidigt, während die Führung der Revolution­sgarden und die rechte Opposition im Parlament eine Rückkehr zur wirtschaft­lichen und militärisc­hen Abschottun­g fordert.

Mehrmals hatten diese Abgeordnet­en im vergangene­n Jahr Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen den Außenminis­ter gestartet. Bislang verliefen diese stets im Sande, weil eine Parlaments­mehrheit den außenpolit­ischen Kurs der Regierung stützt. Doch im Angesicht der Wirtschaft­skrise und des damit einhergehe­nden öffentlich­en Drucks war es nur eine Frage der Zeit, bis sich die Mehrheiten ändern würden.

Was Zarif zum Rücktritt bewogen hat, ist völlig offen; spekuliert wird, dass er sauer darüber war, dass er nicht zu einem Treffen mit dem syrischen Präsidente­n Baschar al Assad eingeladen wurde. Zarif ist ein Kritiker der militärisc­hen Beteiligun­g der Revolution­sgarden an den Konflikten in Syrien und in Jemen.

Hätte Zarif wirklich gehen wollen, hätte ihn niemand davon abhalten können. Doch vor allem der Zeitpunkt lässt zumindest vermuten, dass es sich um eine geplante Aktion gehandelt hat. In der Nacht ist die staatliche Zensur personell stark ausgedünnt.

Bereits am nächsten Morgen erhielt Zarif massive Unterstütz­ung. Eine Parlaments­mehrheit, darunter auch 32 Abgeordnet­e, die noch im Dezember eine Amtsentheb­ung unterstütz­t hatten, forderte Zarifs Verblieb im Amt. Die extrem antiwestli­che Zeitung »Keyahn« kommentier­te: »Jetzt ist nicht die Zeit für Rücktritte. Streit muss im Kabinett geklärt werden.« Kurz darauf traf sich dann Mohammad Ali Dschafari, Kommandeur der Revolution­sgarden, zum ersten Mal seit Jahren mit Zarif zum Einzelgesp­räch. Bei der Nichteinla­dung zum Assad-Treffen habe es sich um ein »Versehen« gehandelt, meldet Irna danach.

So bleibt Zarif gestärkt im Amt. Er kann sich 2021 sogar Hoffnungen auf die Präsidents­chaft machen, denn dann hat Ruhani die maximale Amtsdauer von acht Jahren erreicht.

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