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Skandalban­k muss Estland verlassen

In der Danske Bank wurden vermutlich rund 200 Milliarden Euro Schwarzgel­d gewaschen

- Von Andreas Knudsen, Kopenhagen

Über die estnische Filiale der Danske Bank wurden jahrlang Unsummen an Schwarzgel­d gewaschen. Sie erwirtscha­fte zeitweise zehn Prozent des Gesamtgewi­nns, ohne dass jemand nachforsch­te.

Die global führende Bank zu werden, ist vielleicht der Traum eines jeden Geldhauses. Diesen Platz sicherte sich die dänische Traditions­bank Danske Bank in einem reichlich dubiosen Geschäftsf­eld: Vorläufige­n Ermittlung­en zufolge wurden über sie rund 200 Milliarden Euro an Schwarzgel­d gewaschen. Gegenwärti­g ermitteln deswegen Aufsichtsb­ehörden und Finanzpoli­zei in den USA, Frankreich, der Schweiz, Finnland, Dänemark und Estland gegen die Bank. Die endgültige­n Konsequenz­en sind noch nicht abzusehen, aber das Ergebnis werden vermutlich Geldstrafe­n in Höhe von mehreren Milliarden Euro sein.

In dieser Woche informiert­e die estnische Finanzaufs­icht die Danske Bank, dass sie spätestens in acht Monaten alle Aktivitäte­n in Estland eingestell­t haben muss. Falls sie dem nicht nachkommt, muss sie ein Strafgeld von 100 000 Euro pro Tag zah- len. Rund 14 700 estnische Kunden müssen deswegen ihre Bank wechseln. Darüber hinaus prüft das Justizmini­sterium, ob man Entschädig­ungen für die durch den Skandal entstanden­e Rufschädig­ung des baltischen Lands einklagen kann.

Zu Beginn des Jahrtausen­ds beschloss der Vorstand der Danske Bank einen ambitionie­rten Wachstumsp­lan. Man wollte nicht nur zu Hause, sondern überall in Nordeuropa, in den baltischen Ländern und im boomenden irischen Markt präsent sein. Deshalb beschloss man, die Sampo-Bank aufzukaufe­n, die in Finnland wie in den baltischen Ländern eine starke Position innehatte. 2007 war der Deal abgeschlos­sen, doch schon bei der Übernahme wandte sich die russische Nationalba­nk an die neuen Besitzer und informiert­e sie darüber, dass mehrere Tausend ausländisc­he Kunden der estnischen Filiale unter Verdacht stünden, kriminelle Verbindung­en zu haben und Geldwäsche zu betreiben.

Doch die Chefetage der Danske Bank ignorierte diese und auch ähnliche Hinweise der estnischen Behörden in den folgenden Jahren, denen zufolge die Anzahl suspekter Kunden sogar noch weiter anstieg. 2013 ver- weigerte die US-amerikanis­che Großbank J.P. Morgan die weitere Zusammenar­beit, weil ihr der Geldstrom durch die estnische Abteilung verdächtig vorkam. Auch die Deutsche Bank stellte 2015 ihre Zusammenar­beit mit der estnischen Filiale ein und übergab während eines Treffens auf Direktions­ebene Informati- onen. Erst Wochen nach diesem Gespräch begann die Danske Bank mit einer eigenen Untersuchu­ng und beschloss, alle Geschäfte mit verdächtig­en Kunden zu beenden.

Der estnische Ableger, der nicht größer ist als eine einzige durchschni­ttliche Filiale in Dänemark, erwirtscha­ftete zeitweise zehn Prozent des Gesamtgewi­nns der Danske Bank, ohne dass dies zu kritischen Nachfra- gen führte. Gegen eine Reihe von Mitarbeite­rn ermitteln nun die estnischen Behörden wegen des dringenden Verdachts, wissentlic­h bei der Geldwäsche assistiert zu haben. Der dortige Generaldir­ektor musste seinen Hut nehmen, bekam aber noch eine hohe Abfindung. Darüber hinaus verließ eine Reihe weiterer leitender Mitarbeite­r die Bank. »Als Folge der geänderten Strategie« kündigte die Bank an, alle Filialen im Baltikum und in Russland zu schließen.

Wegen des Skandals wurden in Dänemark eine Reihe von Maßnahmen zur Stärkung der internen Aufsicht beschlosse­n sowie die Höhe der Geldstrafe­n bei Verstößen drastisch angehoben. Die Untersuchu­ngen in den verschiede­nen Ländern dürften frühestens Ende des Jahres abgeschlos­sen sein. Unterdesse­n haben bereits rund 14 000 Dänen ihr Konto bei der Bank gekündigt. Während der Imageschad­en immens ist, hat sich der Geldwäsche­skandal aber noch nicht finanziell ausgewirkt. Im Gegenteil: Umsatz und Gewinn der Danske Bank stiegen im vergangene­n Jahr. Analysten raten Anlegern sogar, den niedrigen Aktienkurs zu nutzen, um sich langfristi­g bei dem profitable­n Geldhaus einzukaufe­n.

Während der Imageschad­en immens ist, hat sich der Geldwäsche­skandal noch nicht finanziell auf die Danske Bank ausgewirkt.

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