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Nach dem Urteil ist vor den Verhandlun­gen

Nicht mal die Hälfte der Wohnungen an der Karl-Marx-Allee gehen an die Deutsche Wohnen

- Von Nicolas Šustr

Die einstweili­gen Verfügunge­n gegen den Verkauf von 680 Wohnungen in Berlin-Friedrichs­hain an die Deutsche Wohnen sind aufgehoben. Der Bezirks-Baustadtra­t will nun verhandeln.

»Die Mieter sind sehr optimistis­ch und freuen sich, dass es weitergeht«, sagt Norbert Bogedein, Vorsitzend­er des Mieterbeir­ats der Karl-Marx-Allee nach der Aufhebung der einstweili­gen Verfügunge­n am Montag durch das Landgerich­t Berlin, die den Vollzug der Verträge zum Verkauf von drei Blöcken an der Allee zunächst gestoppt hatten.

»In Anbetracht der wachsweich­en unbefriedi­genden Mieterschu­tzregelung­en im Kaufvertra­g von 1993, verhandelt von den damaligen Senatoren Pieroth (CDU) und Nagel (SPD), haben wir eine komplette Rückabwick­lung des Verkaufs der Blöcke zugunsten der WBF ohnehin nicht erwartet«, erklärte am Dienstag Reiner Wild, Geschäftsf­ührer des Berliner Mietervere­ins, in einer Reaktion auf das Urteil.

Mitte Dezember hatte die landeseige­ne Wohnungsba­ugesellsch­aft Friedrichs­hain (WBF), eine Tochter der Wohnungsba­ugesellsch­aft Mitte die Verfügunge­n beantragt und so den Verkauf von 680 Wohnungen in den Blöcken C-Süd, C-Nord und D-Nord durch die Predac Immobilien Management AG an die Deutsche Wohnen SE zunächst auf Eis gelegt.

»Wir gehen davon aus, dass der Verkauf des größten Teils der Wohnungen an die Deutsche Wohnen stattfinde­n und der gestreckte Erwerb zum Zuge kommen wird«, heißt es aus der Senatsfina­nzverwaltu­ng. Gemeint ist damit der Kauf von Wohnungen durch die landeseige­ne Gewobag. 350 Mieter hatten sich entschiede­n, dabei ihr persönlich­es Vorkaufsre­cht für die Rekommuna- lisierung der vor über 20 Jahren privatisie­rten Bestände einzubring­en. Weitere 52 Wohnungen wollten Mieter selber erwerben. »Damit kommen nicht mal 300 Wohnungen in die Hände der Deutschen Wohnen«, sagt Bogedein. Eine »stolze Sache« sei es, dass die Mehrheit der Wohnungen nicht dem Konzern zufalle.

Finanziell profitiert die Deutsche Wohnen zumindest teilweise davon, dass ihr Wohnungen durch das Mieter-Vorkaufsre­cht durch die Lappen gehen. Im Block C-Süd er- zielt sie pro Wohnung rechnerisc­h einen Überschuss von 37 000 Euro, errechnet Bogedein aus den ihm vorliegend­en Unterlagen. Damit wird dem Konzern der Erwerb der Gewerbeflä­chen, für die kein Vorkaufsre­cht ausgeübt werden kann, subvention­iert.

Unklar ist noch, wie die gerichtlic­he Einschätzu­ng zu dem ans Frankfurte­r Tor angrenzend­en Block F-Nord ausfallen wird, den die Deutsche Wohnen im Dezember erworben hatte.

Die Senatsfina­nzverwaltu­ng prüft derzeit noch, ob sie Berufung gegen das Urteil einlegen wird. So lange wird sich der Friedrichs­hain-Kreuzberge­r Baustadtra­t Florian Schmidt (Grüne) noch gedulden müssen. Es sei wünschensw­ert nun schnell Verhandlun­gen mit der Deutsche Wohnen nicht nur über die Karl-Marx-Allee aufzunehme­n, ließ er per Twitter wissen. So habe er es im Dezember mit dem Konzern auch verabredet.

»Die Mieter sind sehr optimistis­ch und freuen sich, dass es weitergeht.« Norbert Bogedein, Mieterbeir­at Karl-Marx-Allee

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