Freie Fahrt im Bus für Kurgäste
Venedig will seine Tagesgäste künftig zur Kasse bitten. Auch im Landtag Potsdam wird über solche Möglichkeiten gesprochen.
Soll Touristen in Brandenburg die kostenlose Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs ermöglicht werden, um ihnen im Gegenzug bei Kurtaxe und Erholungsabgabe mehr Geld abzufordern? Auf welchem Wege könnten Tagestouristen an den Kosten zur Erhaltung der touristischen Infrastruktur beteiligt werden? Mit diesen Fragen befasste sich am Dienstag eine Anhörung im Gesundheitsausschuss des Landtags.
Alle Experten begrüßten die anvisierte Änderung des Brandenburgischen Kurorterechts, der zufolge Kommunen ihren Besuchern mit einer Gästekarte die »fahrscheinlose« Benutzung örtlicher Buslinien ermöglichen dürfen. Dies sei nachvollziehbar und ökologisch sonnvoll, sagte Holger Obermann vom Landkreistag.
Länger verweilte die Diskussion bei der Frage der Tagestouristen. In Venedig kann man einfach am Hafen einen Zaun errichten und nur jene durchlassen, die »Eintritt« bezahlt haben. An der Ostsee wird streckenweise der Strand abgesperrt, und auch Tagesgäste müssen blechen, wenn sie baden möchten. Aber wie verfährt man dabei in märkischen Landstädten?
»Ich kann den Wald nicht absuchen«, sagte Ilka Krüger von der Tourismus GmbH Bad Freienwalde (Märkisch-Oderland). Bei den Übernachtungsgästen kann die Kurtaxe vom Hotel eingezogen werden. Die Spreewaldstadt Lübbenau habe aber das Vier- bis Fünffache an Tagestouristen, sagte Bürgermeister Helmut Wenzel. So unternehmen viele Berliner gern mal einen Tagesausflug nach »Jottweedee«. Er verwies auf den
»Ich kann den Wald nicht absuchen.« Ilka Krüger, Tourismus GmbH Bad Freienwalde
Schwarzwald, wo man seit 2005 mit der kostenlosen Benutzung des Nahverkehrs durch die jährlich fast zwölf Millionen Touristen gute Erfahrungen gesammelt habe. Lübbenau habe vor 14 Jahren für seine mittlerweile 290 000 Gäste im Jahr einen Tourismusbeitrag eingeführt, der heute zwei Euro pro Tag betrage, wobei Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 17. Lebensjahr davon ausgenommen seien.
Von konkret definierten Gemeinden abgesehen sind brandenburgische Kommunen heute nicht berechtigt, eine Kurtaxe oder Tourismusabgabe zu erheben. Im Gesetzentwurf ist aber vorgesehen, allen die Möglichkeit einzuräumen, einen kostenlosen Personennahverkehr für ihre Gäste durch Mittel der Gegenfinanzierung zu decken.
Anja Hähnel vom Verkehrsclub Deutschland begrüßte die Idee. Das funktioniere in der Lüneburger Heide mit dem »Heideshuttle« inzwischen so gut, dass neuen Linien aufgemacht werden konnten. Die Attraktivität einer Region werde durch eine solche Maßnahme gesteigert, weil erfahrungsgemäß für den einzelnen Gast die Zahl der besuchten Ausflugspunkte auf diese Weise zunehme. Hähnel zufolge hat das uckermärkische Templin bereits in den 1990er Jahren einmal allen Einwohnern einen kostenlosen innerstädtischen Nahverkehr gegönnt, was »sehr gut nachgefragt« gewesen sei. Inzwischen müssen Einheimische für die Jahreskarte 44 Euro zahlen und Übernachtungsgäste eine Tourismusabgabe von 1,50 Euro zahlen. Dann dürfen sie mit dem Bus fahren.