Sei das rote Schaf!
The Who, das ist die Band, die behauptete, es sei besser, früh zu sterben, als alt zu werden. Das haben aber nur zwei von vier Mitgliedern beherzigt, die anderen beiden sind alt und steinreich geworden und geben immer noch Konzerte. Am Schlagzeug sitzt dann der Sohn des Beatles-Drummers. Ja, ist denn das alles eine unendliche Macho-Geschichte? »Wir waren Sportler, haben aber nie wie Sportler trainiert und gelebt«, schreibt Who-Sänger Roger Daltrey, der am 1. März 75 wird, in seiner Autobiografie. Die heißt natürlich genauso wie der berühmte Nicht-alt-werden-Song von 1965: »My Generation«.
Die Musiker von The Who kamen aus der Londoner Arbeiterklasse und gingen sich gegenseitig schwer auf die Nerven. Ihr Gitarrist und Songschreiber Pete Townshend hat sie einmal als »vier Leute, die nie gemeinsam in einer Band hätten sein sollen«, beschrieben. Alle waren auf Drogen, außer Daltrey, weil er sich dann nicht mehr aufs Singen konzentrieren konnte. Irgendwann wurde er abhängig von Barbituraten, wegen Einschlafproblemen.
Schockierend einschläfernd sind die Memoiren von Pete Townshend, die er 2012 veröffentlichte. Die Erinnerungen von Daltrey sind dagegen ganz anständig, wie man früher gesagt hätte – ungefähr 1956, als sich Daltrey seine erste Gitarre selbst zusammenbaute, weil er so werden wollte wie Elvis Presley. Die Kumpels in seiner Straße wollten ihn davon überzeugen, Banken zu überfallen, »weil es so einfach war«. Er wurde lieber Rockstar – »I can’t explain«, so hieß die erste Single der Who 1964, und sie waren »die Band der Stunde« und spielten 236 Konzerte in einem Jahr. Die Mods haben sie geliebt, auch wenn Daltrey nie einer war: »Es war bloß eine Mode.« Er sei übrigens bis heute immer derselbe geblieben, meint er. Townshend dagegen lebe »auf einer anderen Ebene als der Rest von uns, und sie ist nicht linear«.
Die Neurosen müssen raus, alter Künstlertrick. Ihr allererster Manager gab der Band den entscheidenden Tipp: »Sei nicht das schwarze Schaf, sei das rote!« Ihre Plattenfirma ließ die erste Pressung von »Anyway, anyhow, anywhere« zurückgehen, weil sie Townshends Gitarren-Feedback darauf für einen Fehler hielt. Der schrieb 1969 eine Rockoper über ein Missbrauchsopfer, das zum Genie am Flipperautomaten wird: »Tommy«, in der Verfilmung von 1975, gespielt von Daltrey. Das alte Doppelalbum hält er heute noch für »vollkommen«.
Und dann? Keith Moon, der wahnsinnige Schlagzeuger, starb 1978. Die Band war hinüber, machte aber bis heute weiter, mit Unterbrechungen. 2002 starb John Entwistle, der wahnsinnige Bassist. Es wird nie wieder so sein wie früher. Schnüff – und Gähn! Das ist das Problem solcher Autobiografien. Einzige Ausnahme: »Life« von Keith Richards. Ein blöder Titel, aber sehr lesenswert.