Angespannt ins Abenteuer
Martina Voss-Tecklenburg steht mit den deutschen Fußballerinnen vor dem ersten Härtetest im WM-Jahr
Der WM-Countdown läuft: Nach dem Kennenlernen wird es ernst für die neue Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg. An diesem Donnerstag führt sie die DFB-Auswahl gegen Frankreich in ihr erstes Spiel.
Vor ihrem Debüt auf der Bank der deutschen Fußballerinnen ist Martina Voss-Tecklenburg auch ein wenig mulmig. »Es ist eine große Freude, dass es endlich losgeht«, sagt die 51Jährige vor ihrer Länderspielpremiere als Bundestrainerin in Laval gegen Frankreich. Sie mache gerade »alle Gefühlslagen« durch, »und natürlich ist auch Anspannung da«, sagt sie. Spätestens mit dem Anpfiff am Donnerstagabend soll die Aufregung aber verflogen sein.
Dann wird MVT, wie sie genannt wird, fokussiert, lebendig und mit wild fuchtelnden Armen, ihr Team an der Seitenlinie dirigieren. 18 000 Fans haben Platz in der wohl ausverkauften Arena. Viele Augen, Objektive und Kameras werden auf die Hoffnungsträgerin des deutschen Nationalteams gerichtet sein. Schließlich wird von der Duisburgerin nicht weniger erwartet, als dass sie die DFB-Auswahl zurück an die Weltspitze führt und eine neue Erfolgsära begründet.
Dass ihr Team zum Start ins WMJahr gleich vom Gastgeber und Mitfavoriten des Turniers geprüft wird, betrachtet Voss-Tecklenburg getreu ihrem Lebensmotto als Herausforderung. »Wir haben das bewusst so entschieden, weil ich sehen möchte, wie weit wir mit der Mannschaft sind. Wir brauchen diese guten Gegner, um dann bei der WM auch wirklich performen zu können«, betont die Mutter einer erwachsenen Tochter. Der nächste Gegner bis zur WM-Abreise ist am 6. April Schweden in Solna. In jenem Stadion, wo der zweimalige Welt- und achtmalige Europameister abgesehen vom Olympiagold 2016 in Rio seinen bis dato letzten Titel gewann. Unter Cheftrainerin Silvia Neid schnappte sich das Team dort im Finale 2013 die EM-Trophäe.
Am Montag bezog der DFB-Tross mit 24 Spielerinnen sein Quartier in Rennes, wo am 8. Juni mit dem Auftaktmatch gegen China auch das WMAbenteuer starten wird. Mit an Bord saß eine alte Bekannte, die überraschend ihr Comeback feiert. Rekordnationalspielerin Birgit Prinz (214 Länderspiele/128 Tore) verstärkt das Betreuerteam als Psychologin, zunächst »projektbezogen« für die Maßnahmen in Laval und Solna.
Gut möglich, dass Prinz auch beim Test gegen Japan in Paderborn am 9. April und der WM-Generalprobe am 30. Mai dabei ist – wenn die Chemie stimmt. Dass der DFB diese Nachricht am Montag in einer via Homepage verbreiteten Abreisemeldung versteckte, ist wohl dem Charakter von Prinz geschuldet. Die inzwischen 41Jährige, die 2010 ihr Psychologiestudium abgeschlossen hatte und seit sieben Jahren für den Bundesligisten 1899 Hoffenheim (Männer und Frauen) arbeitet, scheute schon als Aktive das Rampenlicht, in das sie wegen ihrer herausragenden Klasse und als Spielführerin aber immer wieder musste. »Ich freue mich, wieder bei der Nationalmannschaft zu sein und viele neue Gesichter kennenzulernen, aber auch einige bekannte wiederzusehen. Ich bin gespannt auf diese Aufgabe, will meine Erfahrungen einbringen und neue dazugewinnen«, sagte Prinz. Und gemeinsam mit Voss-Tecklenburg soll auch die Rückkehr an die Weltspitze gelingen.