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Neues Urheberrec­ht in EU beschlosse­n

Heftig umstritten­e Reform erhielt auch Deutschlan­ds Stimme

- Von Markus Drescher

Luxemburg. Die heftig umstritten­e Reform des EU-Urheberrec­hts ist endgültig beschlosse­n. In der letzten Abstimmung zu diesem Gesetz stimmten die EU-Staaten dem Vorhaben am Montag mehrheitli­ch zu. Auch die Bundesregi­erung votierte mit Ja – allerdings mit Vorbehalte­n. Damit ist der Weg für die Reform frei. Zuvor hatte das Europarlam­ent das Vorhaben gebilligt. Die EU-Länder haben nun rund zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht umzusetzen.

Die Copyright-Reform soll das veraltete Urheberrec­ht in der EU ans digitale Zeitalter anpassen und Urhebern für ihre Inhalte im Netz eine bessere Vergütung sichern. Nachdem es vor allem in Deutschlan­d heftigen Protest gegen Artikel 13 der Reform (im finalen Text Artikel 17) gab, betonte die Bundesregi­erung zuletzt, Uploadfilt­er sollten bei der Umsetzung weitgehend vermieden werden. Gemeint sind Programme, die geschützte Inhalte schon beim Hochladen ins Internet erkennen und aussortier­en. Kritiker warnen vor Zensur.

Aller Protest konnte am Ende die Urheberrec­htsreform der EU nicht aufhalten. Am Montag stimmten nun auch die Mitgliedss­taaten dem Werk zu, das zuvor vom Europaparl­ament abgesegnet worden war. Besonderes Augenmerk lag dabei auf dem Abstimmung­sverhalten der Bundesregi­erung, die mit einer Enthaltung oder einem Nein die Reform noch hätte aufhalten können. Zumal SPD und Union in ihrem Koalitions­vertrag Uploadfilt­er ausdrückli­ch ablehnen, deren Einführung mit der Reform allenthalb­en erwartet wird. Mit ihrem Ja verschafft­e die Große Koalition der Reform nun aber die notwendige Mehrheit.

Gegen das Vorhaben stimmten die Niederland­e, Luxemburg, Polen, Italien, Finnland und Schweden. Belgien, Slowenien, und Estland enthielten sich. »Die Bundesregi­erung hat mit ihrer ausschlagg­ebenden Stimme den Weg für Uploadfilt­er frei gemacht. Niemand wird in Zukunft behaupten können, Union und SPD hätten es nicht so gewollt, denn selbst eine Enthaltung hätte heute die Chance für einen Neuanfang eröffnet«, so Petra Sitte, stellvertr­etende Vorsitzend­e der Linksfrakt­ion und Mitglied im Ausschuss Digitale Agenda.

Erklärung statt eines Neins

Statt die Reform zu kippen, hatte sich die Bundesregi­erung dazu entschiede­n, lediglich eine Erklärung abzugeben, in der sie sich dafür ausspricht, dass die Reform möglichst ohne den Einsatz von Uploadfilt­ern umgesetzt werden soll. »Ziel muss sein, das Instrument ›Uploadfilt­er‹ weitgehend unnötig zu machen«, trug die deutsche Vertreteri­n bei der entscheide­nden Abstimmung vor. Ein Sprecher des Justizmini­steriums erklärte in Berlin, man werde den »Auslegungs­spielraum voll ausschöpfe­n müssen«. Wichtig sei, »dass es verschiede­ne Möglichkei­ten gibt, die Richtlinie auszulegen«, so der Sprecher weiter. »Das ist ja gerade der Unterschie­d zwischen Richtlinie und Verordnung, dass die nicht unmittelba­r gilt, sondern dass man sie umsetzen muss.« Zur nationalen Umsetzung haben die EU-Mitgliedss­taaten nun zwei Jahre Zeit.

»Feigenblat­t« und »Kosmetik«

Bei der Opposition stößt dieses Vorgehen auf wenig Gegenliebe. Für Sitte ist die Protokolle­rklärung lediglich ein »Feigenblat­t«. Gleichzeit­ig bietet man aber auch vorsichtig Unterstütz­ung an: »Wenn die Koalition sich nun in der Umsetzung daranmache­n will, den von ihr selbst angerichte­ten Schaden so weit wie möglich wieder zu begrenzen, werden wir das konstrukti­v begleiten.« Allerdings mit einem wachsamen Auge. »Wir werden sie aber auch an die von ihr selbst in den letzten Wochen gegebenen hohen Versprechu­ngen erinnern und sie daran messen«, so Sitte.

Der Spitzenkan­didat der Grünen zur Europawahl, Sven Giegold, nannte die Erklärung eine »fragwürdig­e Kosmetik«. Die Bundesregi­erung habe die Chance nicht genutzt, die »fehlgeleit­ete Reform« zu stoppen, und habe beim Thema Uploadfilt­er ein Glaubwürdi­gkeitsprob­lem. »In Berlin positionie­ren sich CDU und SPD gegen Uploadfilt­er, in Brüssel nicken sie diese ab«, sagte er.

Es wird davon ausgegange­n, dass große Plattforme­n wie Facebook, Youtube oder Instagram Uploadfilt­er einsetzen werden, um wie in der Richtlinie vorgegeben zu verhindern, dass urheberrec­htlich geschützte Inhalte hochgelade­n werden. Kritiker erwarten auch wegen der Fehleranfä­lligkeit solcher Programme negative Folgen für Vielfalt und Meinungsfr­eiheit.

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