nd.DerTag

Mehr als nur ein Autodieb

Simon Poelchau über die Anklage gegen den Ex-VW-Chef

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Rund dreieinhal­b Jahre nach Bekanntwer­den des Dieselskan­dals könnte man frei nach Brecht fragen: »Was ist ein Autodiebst­ahl gegen die Leitung des Volkswagen-Konzerns?« Immerhin zeugt es von erhebliche­r kriminelle­r Energie, was Ex-Chef Martin Winterkorn und sein Team so trieben. So viel, dass die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig Anklage gegen ihn wegen schweren Betrugs erhoben hat.

Der ehemals am höchsten bezahlte Manager in Deutschlan­d knackte nämlich nicht mal eben für eine Spritztour ein Auto. Er betrog Millionen von Kunden, die dachten, dass sie ein besonders umweltfreu­ndliches Auto kauften und stattdesse­n eine Dreckschle­uder bekamen. Und dies traf bei weitem nicht nur die Autobesitz­er. Denn dreckigere Autos bedeuten auch dreckigere Luft in den Innenstädt­en. So wäre die Debatte um Fahrverbot­e für Diesel in deutschen Städten vielleicht anders verlaufen, hätte sich Volkswagen nicht dazu entschloss­en, die Abgaswerte seiner Dieselfahr­zeuge zu manipulier­en. Stattdesse­n hätte der Konzern das Knowhow seiner Ingenieure einsetzen können, um etwas sauberere Autos zu entwickeln.

Insofern schafft es immerhin etwas Vertrauen in die Ermittlung­sbehörden, wenn jetzt endlich auch gegen Winterkorn Anklage erhoben wurde. Da kann man nur hoffen, dass er letztlich auch vom Gericht zur Rechenscha­ft gezogen wird. Schließlic­h steht Winterkorn im Zentrum eines der größten Betrugsfäl­le der bundesrepu­blikanisch­en Geschichte.

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