nd.DerTag

»Klingt alles gleich!«

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Die Kulturindu­strie kritisiert sich selbst – als wären ihre Stars Deutschlan­ds letzte Philosophe­n. So hat der Rennfahrer und viermalige Formel-1-Weltmeiste­r Sebastian Vettel die Schnellleb­igkeit der heutigen Zeit gegeißelt: »Aus dem Nichts werden Dinge riesig aufgeblase­n, und eine Woche später ist schon alles vergessen. Manche mögen das ja, plötzlich so im Rampenlich­t zu stehen«, sagte er in einem Interview der »Bild am Sonntag«. »Aber wie fühlen sich diese Leute, wenn sie eine Woche später wieder vergessen sind? Damit kann ich mich nicht identifizi­eren.« Er sei anders aufgewachs­en, betonte der 31jährige Zimmermann­s-Sohn aus dem hessischen Heppenheim. Seine – anscheinen­d fernsehkam­eraerprobt­e – Devise laute: »Den Ball flach halten, meine Sachen machen und nicht ständig unter Beweis stellen, was man tut.« Auch der Fernsehsch­auspieler Uwe Kockisch (»Weissensee«) ist überzeugt, dass es zum Lebensglüc­k nur wenig brauche: »Wir müssen das Geheimnis und das Wunder nicht im Großen und Lauten sehen«, sagte der 75-jährige der Deutschen Presse-Agentur. »Die Welt kann man auch im Umkreis von einem Meter finden. Es ist alles darin vorhanden.« So habe er sich sogar durch seinen halbjährig­en Gefängnisa­ufenthalt in der DDR nach einem Fluchtvers­uch 1961 bereichert gefühlt – weil er damals so viel mehr gesehen habe als viele andere. Und Schlagerst­ar Mary Roos beklagt die Quotenhöri­gkeit der Fernsehmac­her und die Vorliebe für Gleichförm­igkeit bei den Musikprodu­zenten. »Wir dürfen nicht nur auf die Quote schauen. Viele Serien hatten wenig Zuschauer, waren aber trotzdem gut«, sagte die 70-Jährige dem »Münchner Merkur«. »Die Verantwort­lichen haben Angst, mal was Neues zu machen, mal etwas zu riskieren.« Das sei wie beim Schlager, ihrer eigenen Branche. »Man kann über die alten Sachen sagen, was man will, aber man hat jeden Künstler erkannt. Und heute? Klingt alles gleich!«

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