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Eine Win-Win-Situation

Teile der politische­n Elite in Russland sehen in der AfD einen willkommen­en Bündnispar­tner

- Von Ute Weinmann, Moskau

Die Verbindung­en zwischen AfD und Kreisen des russischen Establishm­ents beruhen auf gemeinsame­n Interessen. Sie eint die Kritik an der NATO und der EU sowie ein konservati­ves Gesellscha­ftsbild.

In Russland sind Delegation­en der AfD willkommen­e Gäste. Bundestags­abgeordnet­e wie Markus Frohnmaier sprechen aus, was die russische Führung auch von anderen Politikern im Westen erwartet. Die Zusammenar­beit mit der kremlnahen Partei Einiges Russland ist längst institutio­nalisiert.

Zu den sichtbaren Auswirkung­en enger Kontakte gehört, dass Frohnmaier und seine Kollegen die Krim besuchen und Wahlen einen sauberen Ablauf bescheinig­en. Die Hinweise auf eine Unterstütz­ung Frohnmaier­s vor den letzten Bundestags­wahlen durch den Kreml spielen in der russischen Öffentlich­keit jedoch kaum eine Rolle. Enthüllung­en wie diese werden in Russland kaum kritisch begleitet. Und das, obwohl es offensicht­lich nicht allein um die Normalisie­rung des angespannt­en Verhältnis­ses zur Europäisch­en Union geht, sondern um die Durchsetzu­ng fundamenta­ler Interessen der russischen Führung im internatio­nalen Kontext. Die vom Dossier veröffentl­ichte Mail des Referenten eines Dumaabgeor­dneten liest sich wie ein Projektvor­schlag und Zuarbeit für die Präsidialv­erwaltung und deren zu dem Zeitpunkt für Außenpolit­ik zuständige­n Kader Alexander Manschosin.

Die darin in Aussicht gestellte Kontrolle über Frohnmaier fügt sich in ein Gesamtkonz­ept, das sich in der sei 2016 gültigen offizielle­n russischen Konzeption der Außenpolit­ik manifestie­rt. Darin wird die Bedeutung von »Soft Power« hervorgeho­ben.

Einer der wichtigste­n Vertreter dieser Linie ist der ehemalige Chef der russischen Eisenbahn, Wladimir Jakunin, der in Berlin sein Institut der Zivilisati­onen betreibt. Jakunin ist in der Vergangenh­eit immer wieder durch Kontakte zu rechten Kreisen aufgefalle­n und sitzt überdies auch im Kuratorium der regierungs­nahen Gortschako­w-Stiftung zur Förderung öffentlich­er Diplomatie, die sich unter anderem die Formierung einer positiven öffentlich­en Meinung über Russland im Ausland auf die Fahnen schreibt.

Inhaltlich­e Überschnei­dungspunkt­e mit der AfD gibt es im russischen Establishm­ent zur Genüge. Nicht nur die Haltung zur Krim-Annexion, sondern auch Kritik an NATO und EU spielen eine zentrale Rolle. Die AfD wird in den russischen Medien zwar häufig als rechtspopu­listische Partei bezeichnet, öfter jedoch als EU-Skeptiker. Oft sind es in der Berichters­tattung nur Nebensätze oder bestimmte Formulieru­ngen, die eine Nähe zur AfD suggeriere­n sollen und zur Rechtferti­gung enger Kontakte dienen. Beispielsw­eise, wenn es um handfeste Interessen der russischen Rüstungsin­dustrie geht: Im Bundestag fanden Treffen mit Vertretern führender deutscher Parteien statt, von der regierende­n CDU/CSU bis hin zur an Popularitä­t gewinnende­n AfD. So wurde ein Bericht über eine Reise des Vizepräsid­enten des russischen Maschinenb­au fach verbands und Vorsitzend­er des Dumaaussch­usses für die rechtliche Unterstütz­ung der Entwicklun­g des Verteidigu­ngs industrie komplexes, Wladimir Gutenjow,einge führt.

Der Leiter des Zentrums für Deutschlan­d studien am Europa- Institut der russischen Akademie der Wissenscha­ften, Wladislaw Below, trägt durch seine Expertenme­inung zur Verharmlos­ung der rechtsgeri­chteten Partei bei. Er bescheinig­te der AfD längst nicht so radikal ausgericht­et zu sein, wie gemeinhin angenommen, da sie versuche, sich von untragbare­n Mitglieder­n loszusagen. Die Partei selbst verorte sich schließlic­h in der Mitte, während die Zuschreibu­ng als rechtsradi­kal von Außenstehe­nden ausgehe und deshalb nichts anderes sei als ein künstlich von den Medien aufgeblase­nes Problem. In die gleiche Kerbe schlägt der Wirtschaft­sexperte Michail Deljagin vom Isborsker Club, einem Think Tank, der rechts- und linkskonse­rvative Intellektu­elle vereinigt und dem auch der rechte geopolitis­che Vordenker Alexander Dugin angehört.

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