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Wie ein neuer Pharao

Ägyptens Präsident Sisi bekommt noch mehr Macht

- Von Jan Kuhlmann und Simon Kremer, Kairo

Vor acht Jahren stürzten die Ägypter den verhassten Staatschef Mubarak. Doch dessen NachNachfo­lger Abdel Fattah al-Sisi regiert das Land mit noch härterer Hand.

Ägyptens Parlament hat einem weiteren Ausbau der Macht von Präsident Abdel Fattah al-Sisi und des Militärs zugestimmt. Die Abgeordnet­en beschlosse­n am Dienstag mit Zwei-Drittel-Mehrheit Verfassung­sänderunge­n, die unter anderem dem Staatschef die Möglichkei­t geben, seine Amtszeit bis 2030 zu verlängern, wie die Nachrichte­nseite Al-Ahram meldete.

Der Präsident erhält zudem das Recht, hohe Ämter im Justizwese­n zu besetzen. Menschenre­chtler warnen, durch die Änderungen werde sich die Menschenre­chtslage weiter verschlech­tern. Kritiker waren bereits im Vorfeld unter Druck gesetzt worden. 531 von 596 Mitglieder­n des Abgeordnet­enhauses hätten in einer namentlich­en Abstimmung für die Änderungen gestimmt. Es gab 22 Gegenstimm­en.

Etwas mehr als acht Jahre ist es her, dass Massendemo­nstratione­n auf dem Tahrir-Platz in Kairo Ägyptens langjährig­en autokratis­chen Herrscher Husni Mubarak stürzten. Der laute Jubel von damals ist jedoch längst verhallt.

Stattdesse­n beklagen Opposition­elle und Menschenre­chtler, Ägypten werde unter dem 64 Jahre alten Sisi mit härterer Hand regiert als zu den schlimmste­n Mubarak-Zeiten. Zehntausen­de sitzen aus politische­n Gründen in Haft. Pressefrei­heit und Demonstrat­ionsrecht sind massiv eingeschrä­nkt.

Mit den Verfassung­sänderunge­n baut das Parlament jetzt auch den Einfluss des Präsidente­n auf die Justiz aus. Er sitzt künftig einem Hohen Justizrat vor und ernennt außerdem den Generalsta­atsanwalt sowie den Vorsitzend­en des Obersten Verfassung­sgerichts. Auch die Rolle des ohnehin schon einflussre­ichen Militärs sollte gestärkt werden. Die Verfassung­sänderunge­n sehen vor, dass die Armee offiziell die Aufgabe erhält, »die Verfassung und die Demokratie zu schützen«.

Sisi gibt sich nach außen hin gerne als Landesvate­r, der Ägypten in Richtung von mehr Demokratie führen will. Seine Anhänger argumentie­ren, die Änderungen seien notwendig, um die Stabilität in unruhigen Zeiten zu wahren. Immer wieder rechtferti­gt der Staatschef, ein Ex-General, seine harte Politik mit der Terrorgefa­hr, etwa im Norden des Sinai, wo eine islamische Terrormili­z aktiv ist.

Die Berliner Stiftung Wissenscha­ft und Politik (SWP) kommt in einer Analyse jedoch zu dem Schluss, »die heute schon allmächtig­en Streitkräf­te« stünden mit den Verfassung­sänderunge­n »auch formal über der Verfassung«. So grassiert in Ägypten die Sorge, die Militärs könnten noch leichter in die Politik eingreifen, wenn etwas gegen ihren Willen geht. »Die Militarisi­erung des Staates wird so forciert«, schreibt die SWP.

Amnesty Internatio­nal warnt, Zivilisten könnten jetzt noch häufiger vor Militärger­ichten landen. Das Fazit von Amnesty: Die Verfassung­sänderunge­n gäben Sisi und den Sicherheit­skräften freie Hand, »ihre Macht weiter zu missbrauch­en und friedliche Proteste auf Jahre zu unterbinde­n«.

Selbstherr­liche Despoten gab und gibt es zuhauf in der arabischen Welt. An der Spitze auf dernac hoben offenen Selbstbewe­ihräu ch erungs skala steht derzeit Ägyptens Präsident Abdelfatta­h al-Sisi. Gerade hat er sich von einem ihm überwiegen­d hand zahm ergebenen Operetten parlament die Amtszeit– vorerst – bis 2030 hat verlängern hat. Sich für gottgleich ausgebende Herrscher hat es in Ägypten zwar schon in der Antike gegeben, allerdings waren die wenigsten wirtschaft­lich so sehr pleite wie ihr Möchtegern­n ach folgerSisi.

Der ägyptische Ex-General mit seinem Hang fürs Lächerlich-Pompöse ist aber mehr als eine politische Lachnummer. Er putschte seinen Amtsvorgän­ger Mursi weg. Das einzige frei gewählte Staatsober­haupt, das Ägypten je hatte – sitzt ohne Urteil im Gefängnis, mit ihm Tausende Opposition­elle. Und die Zahl der Todesurtei­le ist unter Sisi nach oben geschnellt.

Man kann und sollte auch zu Staaten wie Ägypten Beziehunge­n unterhalte­n. Deutschlan­d tut es, beschämend und skandalös ist aber das Wie. Gerade Berlin, das überall inder Welt den Oberlehrer zeigefinge­r erhebt und Demokratie und Menschenre­chte predigt, ist, wenn es um Ägypten geht, schwer auf den Mund gefallen. Angeblich ist die Region mit Sisi stabiler. Zu dieser verlogenen These passt, dass Berlin gerade ein milliarden schweres Rüstungs geschäft mit S isis Generalitä­t genehmigt hat. Und der Bund bürgt.

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