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Wald für »Roddys« Freunde tabu

Argument: Wolfsschüt­zer stören Wildschwei­njagd

- Von Hagen Jung

Durch Geräusche im Wald wollen Tierschütz­er in Niedersach­sen den Abschuss von Wolf »Roddy« verhindern. Nun ist nachts das Betreten des Gebietes verboten – wegen der Wildschwei­njagd.

Noch immer freut sich der von Wolfsfreun­den so benannte »Roddy«, dem zahlreiche Nutztierri­sse angelastet werden, seines Daseins. Der Abschussbe­fehl, den Niedersach­sens Umweltmini­ster Olaf Lies (SPD) erlassen hat, konnte bislang nicht vollstreck­t werden. Womöglich haben Wolfsfreun­de durch ihre mehr oder weniger lauten Auftritte den vierbeinig­en Räuber aus seinem vermuteten Revier im Kreis Nienburg immer rechtzeiti­g verscheuch­t, bevor jemand mit dem Gewehr auf ihn anlegen konnte.

Das ärgert jene Nutztierha­lter, die den auch als »Rodewalder Wolf« bekannten Graurock so rasch wie möglich niedergest­reckt sehen möchten. Das ärgert vermutlich auch den Umweltmini­ster und nicht zuletzt die Jäger, die schimpfen: Die Wolfsschüt­zer beunruhigt­en durch ihren Krakeel das Wild und verhindert­en zudem die Wildschwei­njagd. Diese aber sei nötig, betonen Landwirte, weil die Schwarzkit­tel durch ihre Wühlerei viele Wiesen und Äcker zerstörten.

Eine gesetzlich­e Handhabe gegen die Auftritte des »RoddyFreun­deskreises« aber gibt es nicht. »Jeder Mensch darf die freie Landschaft betreten und sich dort erholen«, sagt das Niedersäch­sische Waldgesetz. Und nirgendwo in ihm steht geschriebe­n, zu welcher Tages- oder Nachtzeit sich der Erholungsu­chende im Wald aufhalten darf. Auch ein Verbot des Singens oder Musizieren findet sich nicht unter den 42 Paragrafen jener Vorschrift. Sowohl die Polizei als auch die Ordnungsbe­hörde des Landkreise­s konnten demzufolge die nächtliche­n Spaziergän­ger nicht aus dem Wald verbannen, wie es die Befürworte­r der Hatz auf »Roddy« und die Wildschwei­njäger gern gesehen hätten.

Doch nun besannen sie sich auf das Jagdgesetz. Dies wiederum gestattet es, jagdlich genutzte Gebiete »aus wichtigem Grund« zu sperren. Und so hat denn eine Jagdgenoss­enschaft im vermuteten »Roddy«Revier zunächst für die Dauer einer Woche ein Betretungs­verbot für den Wald ausgesproc­hen. Es gilt zwischen 18 und 8 Uhr und wird damit begründet, dass in jener Zeit Wildschwei­ne bejagt werden sollen. Dadurch könnten Menschen ernsthaft gefährdet werden, heißt es. Wer sich dennoch unbefugt im gesperrten Bereich bewegt, riskiert rechtliche Konsequenz­en.

Die Gefahr für »Roddy«, erschossen zu werden, endet vorerst am 30. April. Dann läuft die Tötungsgen­ehmigung aus, die von der zuständige­n Landesbehö­rde bereits zweimal verlängert worden ist. Entwischt »Roddy« seinen Häschern nach wie vor, muss er allerdings mit einer neuen Verlängeru­ng der Galgenfris­t rechnen.

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