Die notwendige Debatte beginnt erst
Die GdP und ihr Bundesvorsitzender Oliver Malchow wollen eine bessere politische Bildung bei der Polizei
Hätte die Gewerkschaft der Polizei die Debatte über Populismus nicht besser an Brennpunkten wie Dresden, Plauen oder Chemnitz veranstalten sollen?
Das ist eine interessante Frage. Es wäre sinnvoll gewesen, aber darüber haben wir ehrlich gesagt nicht nachgedacht. Berlin wählten wir, weil hier unsere Geschäftsstelle ist.
Im Saal sitzen – geschätzt – 200 Gewerkschafter. Wie kommt das hier Debattierte zu den rund 190 000 anderen Gewerkschaftsmitgliedern?
Wir hoffen, dass diejenigen, die hier zugehört und diskutiert haben, als Multiplikatoren auftreten. Die Debatte muss weitergehen, keine Frage. Wir müssen vor allem jene stärken, die fest zu unseren demokratischen Grundsätzen stehen und jene auffangen, die angesichts der Verhältnisse anderen Gedanken folgen.
Sie können das ja nur schätzen, dennoch die Frage: Wie viele Mitglieder der GdP wählen AfD?
Oh, das ist schwer. Zumal wir ja davon ausgehen, dass in unserer Organisation der Prozentsatz nicht so hoch ist. Belastbaren Zahlen gibt es natürlich nicht, aber natürlich wissen wir, dass es Polizisten gibt, die die AfD nicht nur wählen, sondern sich als Kandidaten zur Wahl stellen und bereits in Parlamenten sitzen. Ich denke aber schon, dass die in unserer Satzung festgeschriebenen demokratischen Werte eine Bedeutung für die meisten GdP-Mitglieder haben. Uns geht es um Toleranz wie um Rechtsstaatlichkeit. Das macht vielleicht auch einen klaren Unterschied zu anderen Organisationen, auch anderen Gewerkschaften aus.
Betont wurde in der Diskussion, dass man im Rahmen der Möglichkeiten die politische Bildung in der Polizei vertiefen müsse. Welche Möglichkeiten gibt es?
Die Frage ist, ob man die politische Bildung, bei der die Rolle der Polizei in der Nazizeit immer wichtiger Bestandteil ist, nicht mit einem neuen Akzent versehen muss. Natürlich ist es gut, dass unsere Junge Gruppe jedes Jahr das Nazi-Vernichtungslager Auschwitz besucht. Das schafft Bewusstsein, sensibilisiert für alltägliche Politik. Wir müssen aber sicher auch klarer die Frage beantworten, ob wir heute vor derartigen Entwicklungen wirklich gefeit sind. Ich bin da nicht sicher. Der Rechtsaußen Ronald Schill, der Gründer einer Partei namens Rechtsstaatliche Offensive, war ab 2001 zwei Jahre lang Innensenator in Hamburg. Er hat umgehend Personen auf entscheidenden Positionen ausgewechselt. Wir müssen davon ausgehen, dass auch heutige Populisten nach der Macht streben. Die bekommt man am besten organisiert, wenn man das Innenressort übernimmt und innerhalb der Polizei gibt es eine hierarchische Struktur, die Missbrauch erleichtern kann. Das ist auch ein Grund, weshalb wir in den Debatten über eine mögliche Zentralisierung von Polizei die Fahne des Föderalismus immer hochhalten.