nd.DerTag

Schlappe für Pläne zur Privatisie­rung

Frankreich­s Opposition forciert Referendum

- Von Ralf Klingsieck, Paris

Präsident Emmanuel Macron und seine Regierung haben eine herbe Niederlage erlitten. Die Gegner der geplanten Privatisie­rung der Pariser Flughafeng­esellschaf­t ADP (Aéroports de Paris), die das Projekt durch ein Referendum zu Fall bringen wollen, bekamen vom Verfassung­srat recht.

Dieser entschied am Donnerstag, dass ein Referendum über die Frage, ob ADP in eine »Einrichtun­g des Öffentlich­en Dienstes« verwandelt werden soll, gesetzlich zulässig ist. Ein positives Ergebnis würde eine Privatisie­rung de facto unmöglich machen. Für diesen Antrag hatten sich 248 Abgeordnet­e und Senatoren der linken und rechten Opposition zusammenge­funden. Die rechtsextr­eme Bewegung Rassemblem­ent National (RN) wurde nicht einbezogen, greift aber das Ergebnis jetzt für die eigene Propaganda gegen Macron und die Regierung lautstark auf.

Es ist das erste Mal, dass ein seit 2013 gesetzlich mögliches »Referendum durch geteilte Initiative« (Référendum d'initiative partagée RIP) auf den Weg gebracht wird. Voraussetz­ung dafür ist, dass mindestens 185 Parlamenta­rier die Initiative ergreifen und innerhalb von neun Monaten 4,7 Millionen Unterschri­ften wahlberech­tigter Franzosen sammeln. Dann ist die Regierung verpflicht­et, ein Referendum durchzufüh­ren, an dem alle Wähler teilnehmen können.

Das Wirtschaft­sministeri­um hat die Entscheidu­ng des Verfassung­srats zur Kenntnis genommen und erklärt, dass der Privatisie­rungsproze­ss bis auf weiteres ausgesetzt wird. Dabei hatte die Regierung schon fest mit den Milliarden ge

Die Regierung erleidet jetzt nicht nur eine wirtschaft­liche Niederlage, sondern mehr noch eine politische.

rechnet, die sie durch den Verkauf von der Flughafeng­esellschaf­t einnehmen wollte. Doch sie erleidet jetzt nicht nur eine wirtschaft­liche Niederlage, sondern mehr noch eine politische.

Nach sechs Monaten Protestakt­ionen der Gelben Westen, zu deren Hauptforde­rungen mehr direkte Demokratie und nicht zuletzt ein Referendum – wenngleich eins auf Initiative der Bürger (Referendum d'initiative citoyenne RIC) – gehörte, sieht sie nun tatsächlic­h ein Referendum und damit eine sehr wahrschein­liche Niederlage auf sich zukommen.

Gegen sie bildete sich eine »Einheitsfr­ont« der linken und rechten Opposition, die stellvertr­etend für die breite Ablehnung der gegenwärti­g verfolgten neoliberal­en Politik Macrons und seiner Regierung in der Bevölkerun­g steht. Das droht das Referendum deutlich zu machen, zumal aus Umfragen hervorgeht, dass die ADP-Privatisie­rung massiv abgelehnt wird. Zudem droht dieses Thema in den nächsten neun Monaten, in denen die Unterschri­ften gesammelt werden, ganz wesentlich die innenpolit­ische Debatte zu bestimmen und andere Themen, die auf der Regierungs­agenda stehen, in den Hintergrun­d zu rücken.

Pikanterwe­ise hat Präsident Macron kürzlich angekündig­t, dass die Schwelle für die Initiative zu einem RIP-Referendum von 4,7 auf eine Million Unterschri­ften gesenkt wird – als Schlussfol­gerungen der Proteste der Gelben Westen und der nachfolgen­den Nationalen Debatte. Diesen Schritt wird er jetzt vielleicht schon bereuen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany