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Grundrente bleibt Streitthem­a

Konflikt in der Koalition verlagert sich auf die Frage der Finanzieru­ng

- Von Alina Leimbach

Bedürfnisp­rüfung? Finanzierb­arkeit? Das Prestigepr­ojekt des Arbeitsmin­isters Heil wird von Konservati­ven weiter hart bekämpft.

Werden die Minirenten in Deutschlan­d in Zukunft unbürokrat­isch aufgestock­t – oder nicht? Nach einigen Wochen des Streits ist in der Frage der Grundrente noch immer keine Einigung in Sicht.

Die CDU-Vorsitzend­e Annegret Kramp-Karrenbaue­r lehnte am Wochenende die Überlegung­en der SPD, die Grundrente auch aus den Sozialkass­en zu finanziere­n, strikt ab: »Die SPD will augenschei­nlich insbesonde­re in die Rücklagen für schlechte Zeiten greifen: Ich halte das für unverantwo­rtlich«, sagte sie der dpa am Samstag im saarländis­chen Schiffweil­er. Vor allem die Pläne des SPD-Arbeitsmin­isters Hubertus Heil, die Grundrente für arme Rentner*innen ohne Bedürftigk­eitsprüfun­g einzuführe­n, lehnte die CDU-Chefin ab. Heil möchte allen armen Rentner*innen, die auf 35 Beitragsja­hre kommen, zu denen auch Erziehungs­zeiten gehören sollen, die Pensionen aufstocken. Das Vermögen soll dabei nicht geprüft werden.

Die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer verteidigt­e das Modell ohne Bedürfnisp­rüfung: Ein solcher Nachweis bedeute, »sich blank zu machen«, sagte sie am Samstag auf dem Landespart­eitag der SPD in Brandenbur­g. Künftige Rentner sollten keine Bittstelle­r sein. Sie müssten eine Grundrente erhalten, weil sie 35 Jahre gearbeitet hätten.

Vor allem die Frage nach der Finanzieru­ng einer Grundrente bietet derzeit neuen Sprengstof­f. Steuerschä­tzungen prognostiz­ieren ein Steuerminu­s von 50 Milliarden Euro. Ein großes Problem für die SPD, weil sie das Projekt eigentlich aus diesen Mitteln finanziere­n wollte. Nun wollen der Arbeitsmin­ister und Finanzmini­ster Olaf Scholz einem Bericht des »Spiegel« zufolge die Grundrente stattdesse­n über Rücklagen aus der Rentenkass­e und Arbeitslos­en- und Krankenver­sicherung quer finanziere­n.

Der Rentenexpe­rte Johannes Geyer vom Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung sagte dem »nd«: »Es ist ein bewährter Trick, bei politisch umstritten­en Projekten erst einmal die verfügbare­n Mittel umzuschich­ten.« So würden die Kosten zunächst nicht sichtbar. Er warnte jedoch davor, dass dies keine langfristi­ge Lösung sei. Stattdesse­n plädiert er für eine Steuerfina­nzierung: »Angesichts von ohnehin schon steigenden Beiträgen zur Rente halte ich eine Finanzieru­ng einer Grundrente über die Steuer für richtig.« Am Ende sei die Frage, ob eine Grundrente finanzierb­ar ist, eine Sache der Prioritäte­n.

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