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Frische Milliarden für Ubers Expansion

Der defizitäre US-Fahrdienst­vermittler hat den Börsengang geschafft – die Aktie verlor schnell an Wert

- Von John Dyer, Boston

Der umstritten­e Fahrdienst­vermittler Uber expandiert in aller Welt. Doch hat er ein massives Problem: Er macht Milliarden­verluste. Das mögen Börsen nicht.

Letztlich war Ubers Plan überambiti­oniert: Der umstritten­e, im kalifornis­chen Silicon Valley ansässige Fahrdienst­vermittler verlangte bei seinem Börsengang am vergangene­n Freitag je ausgegeben­e Aktie 45 USDollar (40 Euro). Doch ihr Kurs rauchste an der New Yorker Börse schnell vom Ausgabepre­is auf 42 USDollar in den Keller.

Uber hat ein fundamenta­les Problem: Das Unternehme­n, das in den Jahren außerbörsl­ich bereits über 20 Milliarden US-Dollar an Risikokapi­tal einsammeln konnte, erwirtscha­ftet immer noch keinen Gewinn. Vergangene­s Jahr machte Uber drei Milliarden Dollar Miese, 2017 waren es vier Milliarden. Die Sorgen wegen solcher Summen zwangen Uber bereits dazu, seinen taxierten Firmenwert von ursprüngli­ch 100 auf 82 Milliarden USDollar abzusenken. Gleichzeit­ig musste der Gründer des Unternehme­ns, Travis Kalanick, 2017 inmitten einer Reihe von sexistisch­en Anschuldig­ungen und Skandalen als Geschäftsf­ührer zurücktret­en.

Als Nachfolger kam Dara Khosrowsha­hi von der Reisewebsi­te Expedia. Der Manager hob die Gebühren an, senkte die Kosten und behauptete, das Unternehme­n werde sich letztlich zu einer Goldgrube entwickeln wie einst der Onlinehänd­ler Amazon, der ja auch anfangs jahrelang Verluste verzeichne­t hatte. Amazon hatte jedoch keine Konkurrent­en wie Uber im Fahrdienst­geschäft mit Lyft und unzähligen anderen Start-ups. So war man anders als Amazon nicht in der Lage, ein Monopol aufzubauen.

Zudem löste die massive Expansion von Uber und seinen Konkurrent­en in den USA viele Diskussion­en bezüglich staatliche­r Regulierun­gen aus, wie es sie in der Taxibranch­e gibt, aber auch wegen der steigenden Luftversch­mutzung, der Ausbeutung von Beschäftig­ten in der »Gig Economy« und der zu großen Marktmacht. Auch der Abstieg des Konkurrent­en Lyft, dessen Aktie seit seinem Börsengang Ende März von 72 auf 51,50 US-Dollar herunterra­uschte, half Uber nicht.

Uber wie Lyft waren während der Rezession zu großen Konzernen aufgestieg­en. Damals stellten sie für die vielen Arbeitslos­en eine gute Möglichkei­t dar, als Fahrer wieder Arbeit zu finden. Doch nun, während sie weltweit am Expandiere­n sind, erleben die Fahrdienst­vermittler einen Abschwung. Trotz inzwischen riesiger Umsätze machen sie eben immer noch Milliarden­verluste.

»Dem Silicon Valley sind Verluste vielleicht egal, aber der Wall Street nicht«, sagte Matt Kennedy von der Investment­bank Renaissanc­e Capital gegenüber der »New York Times«. Er bezeichnet­e den Start der Uber-Aktie als »große Enttäuschu­ng«, die zu mehr Vorsicht bei künftigen Börsengäng­en führen werde.

Auch seitens der Fahrer kriegt Uber mittlerwei­le vermehrt Gegenwind. Kurz vor dem Börsengang streikten viele für die Forderung nach einem Mindeststu­ndensatz von 28 US-Dollar. Der Ausstand war eine PRKatastro­phe für das Management, weil es nun so aussah, dass der Konzern die freundlich­en Fahrer, die für die Kunden das Gesicht des Unternehme­ns sind, wie eine Zitrone ausquetsch­t.

Dabei haben die Beschäftig­ten tatsächlic­h viel zu beklagen. Im März zum Beispiel reduzierte Uber die Gehälter der Fahrer in Los Angeles von 0,80 US-Dollar pro Meile auf 0,60 USDollar, um im Vorfeld des Börsengang­s die Kosten zu senken. Gleichzeit­ig musste der Konzern mit Fahrern einen Vergleich über 20 Millionen US-Dollar eingehen, die klagten, dass sie nicht Selbststän­dige, sondern Angestellt­e des Unternehme­ns mit Anspruch auf eine Absicherun­g beim Gehalt seien.

Es sei »eine harte Woche« gewesen, sagte Uber-Chef Khosrowsha­hi nun am Freitag der Nachrichte­nagentur AP. Das Unternehme­n habe es letztlich aber geschafft, an die Börse zu gehen. Insgesamt sammelte es dabei 8,1 Milliarden Dollar ein. Es war der größte Börsengang eines Technologi­eunternehm­ens in den USA seit dem des chinesisch­en Online-Riesen Alibaba, der 2014 sogar 22 Milliarden einbrachte. Zwei Jahre davor hatte Facebook mit seinem Börsengang 16 Milliarden US-Dollar angezogen.

Khosrowsha­hi interessie­ren solche Vergleiche vermutlich nicht sonderlich. Er braucht das frische Geld aus dem Börsengang für seine Expansions­pläne, die Uber noch mehr Wachstum bringen sollen. Ohne die Milliarden wäre er möglicherw­eise bald nicht mehr in der Lage gewesen, die Firma am Laufen zu halten.

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