nd.DerTag

Kap der Hoffnungsl­osen

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Christian Selz über Südafrikas Jugend, die der Wahl fern blieb

Die absolute Mehrheit hat der African National Congress einmal mehr verteidigt, zumindest auf dem Papier. Das Vertrauen vor allem der Jugend hat Südafrikas einstige Befreiungs­bewegung aber verloren. Die Hoffnung auf das »bessere Leben für alle«, das der ANC nach dem Ende der Apartheid versproche­n hatte, ist längst verflogen. Die offizielle Arbeitslos­enquote liegt bei 27 Prozent, nach der erweiterte­n Definition sind sogar über 40 Prozent ohne Job. Für die Schulabgän­ger von heute sieht es noch düsterer aus: Mehr als die Hälfte geht direkt in die Arbeitslos­igkeit, ohne wirkliche Hoffnung, jemals eine feste Stelle zu finden. 55 Prozent der Bevölkerun­g leben unterhalb der Armutsgren­ze.

Die Quittung bekam der ANC, der seit 1994 mit absoluter Mehrheit regiert, nicht auf dem Wahlzettel, sondern durch Missachtun­g. Nur etwa die Hälfte der 18- bis 30-Jährigen hatte sich überhaupt zur Wahl registrier­t – sechs Millionen Menschen, denen die alten Heldengesc­hichten aus dem Anti-Apartheid-Kampf nichts mehr bedeuten. Die abgehängte­n Jugendlich­en in den Townships gehen aber auch nicht zur Opposition, nein, sie haben jede Hoffnung in das von Korruption zerfressen­e politische System verloren. Präsident Ramaphosa setzt nun auf internatio­nale Investoren. Mit dem gleichen Konzept war der ANC schon in den 1990ern gescheiter­t.

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