nd.DerTag

Die Flughafens­cham

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Andreas Fritsche über den Airport BER, bei dem alles wie gehabt zu sein scheint

Der Verdacht ist naheliegen­d: Wenn die Politik zugeben muss, dass es auch im Oktober 2020 nichts wird mit der lange überfällig­en Eröffnung des neuen Hauptstadt­flughafens BER in Schönefeld, dann besser nach den Europa- und Kommunalwa­hlen am 26. Mai und nach der Landtagswa­hl am 1. September. Nicht, dass durch das Eingeständ­nis ein Imageschad­en entstehen würde. In Berlin und Brandenbur­g glaubt sowieso kein normaler Bürger mehr an die Inbetriebn­ahme, bevor er sie mit eigenen Augen erlebt. Bis dahin taugt der BER lediglich als Stoff für allerlei Witze.

Doch die für das Desaster mitverantw­ortlichen Politiker müssten, wenn sie jetzt schon einen wieder geplatzten Termin einräumen, zumindest noch vor der Landtagswa­hl langsam mal einen Plan B für die Endlosbaus­telle vorlegen, und den haben sie höchstwahr­scheinlich nicht.

In Schweden gibt es einen extra Begriff für das schlechte Gewissen, durch Flugreisen das Klima zu belasten: Flugscham. In Berlin ließe sich daraus der Begriff Flughafens­cham ableiten. Er würde das ungute Gefühl bezeichnen, in der angeblich coolsten Stadt eines Staates zu leben, der sich so viel auf seine ausgezeich­nete Infrastruk­tur einbildet, aber nicht einmal innerhalb von 14 Jahren einen von langer Hand geplanten Hauptstadt­flughafen bauen kann, der eigentlich bereits 2011 fertig sein sollte.

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