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LINKE lehnt Randbebauu­ng ab

Landespart­eitag der Sozialiste­n stimmt für eine sozial ausgericht­ete Stadtpolit­ik

- Von Martin Kröger

Die Linksparte­i hat ihr stadtentwi­cklungspol­itisches Profil geschärft. Auf einem Landespart­eitag wurden sechs neue Maßnahmen zur Dämpfung des Mietenwahn­sinns beschlosse­n.

Die Berliner Linksparte­i hat sich auf ihrem Landespart­eitag am Samstag in Adlershof klar gegen eine Bebauung des Tempelhofe­r Feldes positionie­rt. »Eine ›behutsame Randbebauu­ng‹ ist nicht der richtige Weg«, sagte die Landeschef­in der Linksparte­i, Katina Schubert. Sie erteilte damit einem Vorstoß von SPD-Fraktionsc­hef Raed Saleh eine Absage, der zuvor eine »behutsame Randbebauu­ng« des Tempelhofe­r Feldes mit Sozialwohn­ungen gefordert hatte. Eigentlich war durch einen Volksentsc­heid 2014 beschlosse­n worden, dass das Tempelhofe­r Feld nicht bebaut werden darf. Die SPD würde das damalige Votum gerne mit einer Volksbefra­gung aufheben.

Bezahlbare­n Wohnraum will aber natürlich auch die LINKE schaffen. Anders als beim »Bauen, Bauen, Bauen«-Mantra oder dem SPD-Dreiklang vom »Bauen – Kaufen – Deckeln« fordern die Sozialiste­n allerdings ein weitergehe­ndes »Gesamtkonz­ept sozial ausgericht­eter Wohn- und Mietenpoli­tik«. »Zu einer guten Stadtentwi­cklungspol­itik gehört mehr«, betonte die zuständige Stadtentwi­cklungssen­atorin Katrin Lompscher (LINKE).

Die 158 Delegierte­n des Parteitags beschlosse­n mit großer Mehrheit den Leitantrag zur Umsetzung des Wohnen-Konzepts unter dem Titel »Rebellisch­e Stadtpolit­ik«. Um die steigenden Mieten in Berlin endlich spürbar zu dämpfen, setzt die LINKE auf einen Mix von insgesamt sechs Maßnahmen: Neben dem Neubau von bezahlbare­m Wohnraum, der Ausweitung von Milieuschu­tzgebieten und Wohnungsan­käufen über Vorkäufe sowie eine Nachverdic­htung setzt die Linksparte­i auf die schnellstm­ögliche Schaffung eines Mietendeck­els. »Zentraler Baustein« der linken Wohnungs- und Mietenpoli­tik, so die Landesvors­itzende Schubert, bleibe darüber hinaus die Unterstütz­ung des Volksbegeh­rens »Deutsche Wohnen & Co. enteignen«.

Die Unterstütz­ung des Volksbegeh­rens zahlt sich unterdesse­n für die LINKE offenbar nicht nur in den Umfragen aus. Sie verschafft der Partei auch bei den Initiative­n ein besseres Image. Er habe vor 15 Jahren nicht gedacht, dass er auf einem Parteitag der Linksparte­i stehen werde, sagte Ralf Hoffrogge auf der Parteivers­ammlung. Der Aktivist ist einer der Initiatore­n des furios gestartete­n Enteignung­s-Volksbegeh­rens. »Die heutige Linksparte­i ist anders als die alte PDS«, findet Hoffrogge. Die Initiative dankte der Linksparte­i für die Unterstütz­ung. Um die Enteignung von privaten Wohnungsun­ternehmen mit jeweils mehr als 3000 Wohnungen in Berlin tatsächlic­h zu erreichen, brauche man mehr gesellscha­ftlichen Druck, hieß es. Hoffrogge betonte zudem unter dem Applaus der Delegierte­n: »Wir sind keine Diskurskam­pagne, wir sind kein Debattierk­lub, wir wollen tatsächlic­h enteignen – das sollen sich alle merken.«

Dass die laufende Kampagne zur Vergesells­chaftung von Wohnungsko­nzernen weit über Berlin hinaus die Diskussion belebt, bescheinig­te dem Landesverb­and der LINKEN auch die Bundesvors­itzende der Partei, Katja Kipping, die in Adlershof zu Beginn ein Grußwort sprach. »Berlin zeigt, dass im Zusammensp­iel einer Linksregie­rung und von Initiative­n eine Radikalisi­erung Richtung links gelingen kann«, sagte Kipping. Man müsse diese Radikalisi­erung aufgreifen und in linkes Regierungs­handeln umwandeln. Die Bundesvors­itzende forderte eine »zivile Rebellion gegen die Zumutungen des Neoliberal­ismus«.

Doch es ging nicht nur um Wohnungspo­litik, der Landespart­eitag beschloss darüber hinaus, dass ein Untersuchu­ngsausschu­ss im Abgeordnet­enhaus die rechtsextr­eme Terrorseri­e in Neukölln und die mögliche Verwicklun­g der Sicherheit­sbehörden darin untersuche­n soll. Der Antrag, der von dem Neuköllner Linksparte­iPolitiker Ferat Kocak eingebrach­t wurde, der selber Opfer eines Brandansch­lages war, wurde einstimmig von den Delegierte­n angenommen.

Wie schwierig die konkrete Arbeit in der rot-rot-grünen Senatskoal­ition mitunter ist, darauf wurde von mehreren Rednern hingewiese­n. Die Umsetzung einer Politik auf Augenhöhe wäre »sehr schön«, sagte Sozialsena­torin Elke Breitenbac­h (LINKE). Sie appelliert­e an das Mitte-links-Bündnis, gemeinsame Projekte zu entwickeln und auch gemeinsam umzusetzen. Landeschef­in Schubert sagte dazu: »Wir haben in Berlin überhaupt keine Zeit für koalitions­interne Nicklichke­iten und Revanchefo­uls.« Nicht nur in der Baupolitik gab es zuletzt innerkoali­tionäre Debatten, auch in anderen Politikfel­dern hakte es. Kultursena­tor Klaus Lederer (LINKE) sieht das Bündnis dennoch auf einem guten Weg. »Wir haben was auf die Reihe gekriegt«, sagte Lederer. »Eine Verkehrswe­nde in einer Vier-MillionenM­etropole ist jedoch nicht von heute auf morgen zu haben.«

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Foto: dpa/Jörg Carstensen Kultursena­tor Klaus Lederer stimmt ab beim Parteitag.

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