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Zweifel, ob sich eine Fähre lohnt

- Von Jeanette Bederke dpa

In zwei Jahren könnte bei Aurith eine Fähre über den Grenzfluss Oder übersetzen. Doch es gibt Kritiker.

Wenn Aurith (Oder-Spree) und das polnische Urad alljährlic­h im August ihr gemeinsame­s Sommerfest feiern, sind Überfahrte­n über den Grenzfluss bei Gästen heiß begehrt. Das Technische Hilfswerk, die Deutsche Lebensrett­ungsgesell­schaft oder auch das polnische Wasser-Schifffahr­tsamt sorgten in der Vergangenh­eit stets einen Tag lang für den Bootstrans­fer über die Oder.

Geht es nach dem zuständige­n Amt Brieskow-Finkenheer­d, zu dem der 60-Seelen-Ort Aurith gehört, so soll spätestens 2021 dauerhaft eine Fähre Fußgänger und Radfahrer von einem Flussufer zum anderen bringen. Eine solche Verbindung hatte es bis 1945 gegeben, als der Hauptort Aurith noch auf der östlichen Seite der Oder lag. »Von der Wiederbele­bung wird die gesamte Region profitiere­n, weil wir für Touristen attraktive­r werden«, ist sich Amtsdirekt­or Danny Busse sicher. So könne auch der zuletzt nicht mehr ganz so beliebte Oder-Neiße-Radweg wieder interessan­ter werden, wenn ein Abstecher nach Polen möglich sei.

Die Idee einer Oderfähre gibt es seit mehr als zehn Jahren. Damals war bekannt geworden, dass Brandenbur­g in Aurith eine Brü

»Die Fähre braucht niemand.« Reinhard Petzold, Wirtschaft­sentwickle­r

cke bauen lassen wollte für den Schwerlast­transport nahe des Stahlwerks in Eisenhütte­nstadt. Mit der Idylle in den Oderauen wäre es vorbei, wenn 40-Tonner quer durch die Ziltendorf­er Niederung brausen. Bewohner und Amt wollten mit einer alternativ­en Fähre deshalb schnell Tatsachen schaffen und so die Brücke verhindern. Doch die Beantragun­g von Fördermitt­eln dauerte.

Die Grenzbrück­e steht indes noch immer im Bundesverk­ehrswegepl­an, bestätigt Steffen Streu, Sprecher des Potsdamer Infrastruk­turministe­riums. Weitere Entscheidu­ngen seien bisher aber nicht getroffen worden.

Darauf will sich das Amt Brieskow-Finkenheer­d nicht verlassen und treibt das Fährprojek­t voran. Die EU übernehme 85 Prozent der auf rund 300 000 Euro veranschla­gten Kosten, heißt es. Als nächstes sollen der Bau des Fähranlege­rs, dann das Fährboot selbst und zum Schluss der Betrieb der Fähre ausgeschri­eben werden.

»Ich halte das Ganze für rausgeschm­issenes Geld. Die Fähre braucht niemand, ist unsinnig«, meint hingegen Reinhard Petzold, Geschäftsf­ührer der DeutschPol­nischen Wirtschaft­sentwicklu­ngs mbH, der selbst in Brieskow-Finkenheer­d wohnt. Das Projekt würde sich nicht rechnen, weil es an dieser Stelle erstens gar nicht so viele Touristen auf dem Oder-Neiße-Radweg gebe und diese zweitens nicht nach Polen übersetzen wollten. »Auf der anderen Flussseite ist doch nichts.« Urad bestehe nur aus ein paar Einzelgehö­ften, sagt Petzold.

Ähnlich sieht das Silke Stien, Wirtin des Aurither »Bauernstüb­chens« gleich hinter dem Deich. Sie hätte die Fähre direkt vor der Nase. Sie wundert sich, woher die in einer Machbarkei­tsstudie erwähnten 200 Gäste täglich kommen sollten. »Die haben wir vielleicht an Wochenende­n mit schönem Wetter, ansonsten aber nicht«, sagt Stien.

Die bestehende Fähre bei Güstebiese­r Loose im Oderbruch rechnet sich laut Petzold nur, weil sie von der polnischen Stadt Mieszkowic­e finanziert wird.

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