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Männlich, alt, nationalis­tisch

Die Julius-Gumbel-Forschungs­stelle nahm die Kandidaten der AfD für die Kommunalwa­hl unter die Lupe

- Von Andreas Fritsche

615 Kandidaten hat die AfD für die Kommunalwa­hl am 26. Mai nominiert. Außerdem gibt es in Brandenbur­g noch 55 NPD-Kandidaten.

Michael Hanko sei schon kommunalpo­litisch in Erscheinun­g getreten, bevor es die AfD gab, steht im neuesten Mitteilung­sblatt der JuliusGumb­el-Forschungs­stelle. Hanko habe das Grundstück des mittlerwei­le geschlosse­nen Neonazi-Treffpunkt­s »Bunker 38« in Schwarze Pumpe gehört. Nachdem die Polizei dort gegen eine Feier von Neonazis vorgehen musste, habe sich Hanko 2008 bei einer Sitzung des Ortsbeirat­s über das Vorgehen der Beamten beschwert. Nun sei Hanko einer von 615 Kandidaten der AfD für die Kommunalwa­hl am 26. Mai.

Hanko ist kein Einzelfall. Arpad von Nahodyl sei Gründer der völkischen Sekte »Germanisch­e Glaubensge­meinschaft«, Daniel Pommerenke früher in der Neonazisze­ne in Sachsen-Anhalt aktiv gewesen und so weiter. Gideon Botsch und Christoph Schulze von der Potsdamer GumbelFors­chungsstel­le haben unter der Überschrif­t »Bürgerwut im Kreistag?« die Bewerberli­sten der AfD umfassend ausgewerte­t, alle greifbaren Kommunalwa­hlprogramm­e dieser Partei analysiert und Eigendarst­ellungen unter die Lupe genommen.

Dabei haben sie herausgefu­nden, dass kaum Kandidaten für die AfD antreten, die in den innerparte­ilichen Auseinande­rsetzungen zur etwas moderatere­n bürgerlich­en Mitte gehören oder zur früheren Bundesvors­itzenden Frauke Petry gehalten haben. Nur von sechs Kandidaten sei bekannt, dass sie 2017 Petrys Bestrebung­en unterstütz­ten, aus der AfD eine »bürgerlich­e Volksparte­i« zu machen. Deutlich größer sei die Zahl der Kandidaten, die sich dem nationalis­tischen Flügel um Björn Höcke zuordnen lassen. 36 gehörten zu den Erstunterz­eichnern einer Solidaritä­tserklärun­g für Höcke.

»Die Einschätzu­ng, dass die Brandenbur­ger AfD maßgeblich von rechtsextr­emen Kräften geprägt ist, reicht bis in die Partei selbst hinein«, schreiben Botsch und Schulze. So habe Kandidat Nino Pawlak aus Schwedt geäußert, dass seinem Eindruck nach sein Kreisverba­nd in ein Lager »normal denkender Menschen« und in »das rechtsextr­eme« Lager gespalten sei.

76 AfD-Kandidaten sind früher in anderen Parteien gewesen. 18 davon waren in der CDU, 16 in verschiede­nen rechten Parteien, je acht in LINKE und FDP, sechs in der SPD, und drei waren bei den Grünen. Gemessen an den Mitglieder­zahlen von SPD und LINKE in Brandenbur­g sind vergleichs­weise wenige Kandidaten aus diesen Parteien zur AfD gewechselt, konstatier­en Botsch und Schulze.

Die AfD-Bewerber sind im Schnitt 52,7 Jahre alt, 85 Prozent von ihnen sind Männer. Sie bewerben sich zum Teil gleich für mehrere Mandate, beispielsw­eise in Kreistag, Stadtparla­ment und Ortsbeirat. So kommt es, dass die 615 Kandidaten sich um insgesamt 923 Funktionen bemühen. Bei der Kommunalwa­hl 2014 hatte die AfD 3,9 Prozent der Stimmen erzielt und 88 Mandate gewonnen. Sie hatte damals 153 Kandidaten nominiert, von denen 75 jetzt erneut für die AfD antreten. Es wird erwartet, dass die AfD ihr Wahlergebn­is deutlich verbessert. Besonders viele AfD-Kandidaten gibt es in den Landkreise­n Oberhavel, Märkisch-Oderland, Teltow-Fläming und Oberspreew­aldLausitz, besonders wenige in Ostprignit­z-Ruppin.

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Foto: dpa/Monika Skolimowsk­a Beim AfD-Landespart­eitag Ende April in Falkensee

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